eject: JAN FUHRHOP über boxende Komödianten
Stefan Raab hing nur kurz in den Seilen. Dann galt wieder: Alles lustig
War das jetzt Boxen? Oder Comedy? Oder Boxcomedy? Es war vor allem Show und Selbstinszenierung, als Herr Raab in der Nacht zum Freitag in einer TV-Total-Sondersendung gegen die 21fache Boxweltmeisterin Regina Halmich antrat. Nach wochenlanger Promotion stand der Abend unter dem Motto „Schluss mit lustig!“, was aber nur für die Dauer des Kampfes galt. Denn vor und nach dem fünfrundigen Schlagabtausch galt eher das Motto: „Let me entertain you!“ Raab und sein Gefolge hatten eine absurde Show inszeniert. Sat.1-Leihgabe Olli Welke kalauerte sich zusammen mit Käppi-Träger Axel Schulz durchs Vorprogramm.
Der Ex-Fast-Weltmeister hatte die Rolle des Raab-Fans zu spielen und forderte, zwinker, zwinker, dass Stefan „Regina nicht zu früh kommen lassen darf“. Nach fünfzig minütigem Vorspiel betrat die „Killerplauze“ Raab die Arena: Im goldenen Mantel und mit Mundschutz gab er noch James Browns „I feel good“ zum Besten, ehe er in den Ring stieg. Dann der Kampf: Raabs Rödelheim-geprüfte Nase wurde erneut blutig geschlagen, und der gelernte Metzger ging in die Seile. Doch, Respekt Herr Raab, er hat fünf Runden durchgehalten. Natürlich hat Halmich gewonnen, natürlich gab es gute Einschaltquoten. Und sofort nach dem Kampf ging es wieder los mit lustig: Raab kündigte seinen Rücktritt als Profiboxer an, will aber im Herbst gegen „die Pfeife Martin Schmidt“ im Skispringen antreten. Es wurde mal wieder deutlich: Raab ist der personifizierte Comedy-Overkill. Während des Kampfes blieb er nur ruhig, weil er keine Luft mehr bekam. Dann wieder: Alles lustig und doch harmlos. Bissigkeit zeigt Raab nur an der Oberfläche.
Bei frauenfeindlichen Sprüchen muss er ständig grinsen und schiebt ein „Ist ja nur Spaß“ hinterher. Wirklich verärgern will er keinen. Raab ist für alle da. Der Anarchokomiker Andy Kaufmann kämpfte in den USA auch mal gegen Frauen. Nach einer Niederlage hätte er sofort eine Revanche gefordert. Raab dagegen gibt zu, dass Frauenboxen doch „kein Mami-Sport ist“.
Für eine gewisse Zeit ist Raabs TV-Totalismus ganz lustig, doch nach eineinhalb Stunden Haha-Gejohle war es genug, und es folgte ein Blick ins Kontrastprogramm: Bei Harald Schmidt konnte man schließlich etwas über Feuersalamander, Kröte und Teichfrosch lernen.
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