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dvdeskKein Heros, nirgends

Arme in Rüstung, ein Kampf mit dem Schwert. Ein Schwert fällt zu Boden, das andere schlägt den Kopf des Kämpfers vom Rumpf. Der Mann, dessen Gesicht man nie gesehen haben wird, stürzt zu Boden, Blut spritzt aus dem Hals. Weitere Kämpfe, Männer in Rüstungen, Männer zu Pferde, ein Kopf wird gespalten, Blut quillt aus dem Helm. Männer zu Pferde, Männer im Wald, an einem Ast hängen zwei Gerippe an Stricken, nur der Rumpf noch von Rüstung bedeckt, Krähen sind dabei, von den Gerippen zu fressen. Das ist der Prolog, noch vor dem Vorspann, ein Kopf ist gefallen, aber kein Wort.

1974 hat Robert Bresson mit „Lancelot du Lac“ seine Version der Artus-Sage verfilmt. Sie ist von allem, was man sich unter einem Historien-Ritter-Spektakel vorstellen mag, auch von den gerade aktuellen Ritterfilmen, David Lowerys „The Green Knight“ und Ridley Scotts „The Last Duel“, Welten entfernt. Auch mit dem Weihefestspiel, das Richard Wagner in seinem „Parsifal“ daraus gemacht hat, hat sie gar nichts zu tun. „Bare bones“ hängen am Baum, „bare bones“ ist das, was von den mittelalterlichen Legenden um die ritterlichen Helden und ihrer Suche nach dem Heiligen Gral bleibt: Kein Heros, nirgends.

Den Gral, also den mit dem Heiligen Abendmahl in Verbindung stehenden Kelch, der Erlösung verspricht, sieht man nur als das, was abwesend ist. Eingeblendet ist er vor schwarzem Hintergrund, darüber läuft eine Schrifterklärung, die in die Geschichte von Lancelot einführt. Er kehrt zurück von der Gral-Suche, unverrichteter Dinge, zurück an den Hof von König Artus. Dort spinnt dessen Neffe Mordred Intrigen, Lancelot stellt sich auf Artus’ Seite, hat aber zugleich eine Affäre mit dessen Frau Guinevere. Es kommt zu Kämpfen, Hände in Rüstung im Gemenge, Lanzen in gerüsteten Körpern, ein Leichenhaufen im Wald, das ist das Ende.

All das ist in Bressons einzigartiger Ästhetik gefilmt. Starr sind die Gesichter, eher ritualisiert als natürlich bewegt sind die Körper, ausgesucht tonlos die Sprache aus Mündern der Laien-Darsteller*innen, die Bresson Modelle nannte, weil psychologisch motiviertes Schauspiel das Letzte war, was er wollte. Die Sprache selbst, die Körper und ihre Teile, Hände vor allem, auch Füße, auch Beine, werden mithilfe von Kamera und mithilfe des Schnitts gelöst aus den Zusammenhängen, die uns normal scheinen wollen; und in dieser Loslösung soll sich, für Bresson, eine andere, nur im Kino mögliche Wahrheit entbergen.

Man muss das nicht glauben, um diese Filme, auch „Lancelot“, als enorm zu erleben. Sie liegen dabei so ganz und gar außerhalb der erwarteten Norm, dass sie ans Komische grenzen, ohne im mindesten komisch zu sein: Monty Pythons Ritter der Kokosnuss liegen der Sache sehr viel näher als jedes Hollywood-Spektakel. Bei Monty Python klappert die Kokosnuss als Pferdimitat. Bei Bresson dominiert das Geschepper der Rüstungen, die auch in der Ritter-Freizeit nicht abgelegt werden. Klapper und Schepper.

Virtuos ist Bresson in der eigenwillige Montage. Das Turnier, der Wettstreit der Ritter zu Pferde, Anlauf um Anlauf, ist grandios, wenn auch gegen jeden Spannungs- und Orientierungssinn inszeniert. Lanze gepackt, Pferd gegen Pferd, Mann in Rüstung purzelt zu Boden. Wieder und wieder, überhaupt ist die rasche Wiederholung derselben Gesten (Öffnen der Klappe des Helms, Ergreifen der Lanze, Satteln des Pferds) ein bestimmendes Moment dieses Films. Die Wiederholung – und die Auslassung als ihr Gegenmoment.

Beim großen Finalkampf ein Riesengeschrei aus dem Off, während man im On vom Kampf exakt gar nichts zu sehen bekommt. Nur das Ergebnis, den Leichenhaufen. Einer, es ist Artus, regt sich noch kurz. Dann regt er sich nicht mehr. Ekkehard Knörer

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