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dvdeskAn die Geschichte herantanzen

Regie und Hauptdarstellerin kommen aus den Vereinigten Staaten. Mr. Knightley, der männliche Protagonist, wird von einem Südafrikaner gespielt. Drehbuch: eine Neuseeländerin. „Emma.“ (mit Punkt, wie bei einem Marlene-Streeruwitz-Titel) ist nicht die erste Verfilmung, die eindrucksvoll vorführt: Die eigentlich so erzbritische Jane Austen ist längst globalisiert. Ihre Geschichten und ihre Figuren sind in Ort und Zeit so genau situiert wie wenige Werke der Weltliteratur, nämlich im englischen Landadel der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Das ändert aber nichts daran, dass alle Welt und jede Gegenwart seit ihrer Veröffentlichung viel mit ihnen anfangen kann.

Und Autumn de Wilde fängt damit wirklich etwas sehr Eigenes an. Karriere hat sie bisher woanders gemacht: als Fotografin und Musikvideoregisseurin für Indie-Popstars und -Bands wie Elliott Smith oder Spoon oder Death Cab for Cutie. De Wilde ist knapp fünfzig, also eine recht späte Regiedebütantin, sie zeigt allerdings mit buchstäblich mit jeder Einstellung, jedem Bild, jedem Ton, dass sie weiß, was sie tut.

Zum einen ist der Film eine schamlose Ausstattungsoper. Opulent wird gespeist, die Möbel machen was her, auch die spanischen Wände, die Emmas Vater vor Luftzügen schützen; die Tapeten sind üppig gemustert, die Wandfarben edel pastos in der Art, der noch heute das oberste Preissegment nachstrebt; die Wiesen sattgrün, hier blüht ein riesiger Baum, dort geht ein Brücklein allerliebst über den Bach: Hier wird mit allen Sinnen getafelt, die Betrachterin tafelt nur zu gern mit.

Das alles ist im gerade richtigen Maße zu viel, dafür sorgt nicht zuletzt der exzellente Kameramann Christopher Blauvelt, der bei der früh verstorbenen Legende Harris Savides gelernt hat und vor allem durch seine Arbeit mit Kelly Reichardt berühmt ist. Dass das Zuviel nicht zu viel ist, sondern genau so, wie es sein soll, liegt daran, dass Autumn de Wilde in ihrer Austen-Interpretation das Ironische, das bei Austen natürlich nicht fehlt, gezielt übertreibt. Sie will, zumindest eine Weile lang, auf etwas wie Operette hinaus, also eine mittellagige Künstlichkeit, die nicht auf Innigkeit zielt, sondern gerade der Zuspitzung zum Klischee Wirklichkeit zutraut.

An manchen Stellen glaubt man, nun brechen die Darsteller*innen gleich in eine Art Gilbert-and-­Sullivan-Rezitativ aus, was allerdings andererseits durch knallhart Folkiges konterkariert wird. Vollends zu sich kommt de Wildes Herangehen, weil es eher ein Herantanzen ist, im nach Art des Hofes formalisierten Tanz mit seinen wie aufgezogen künstlichen Schrittfolgen.

Dass sich gerade hier, wortlos, in Blicken und Schritten nur, und in der Montage, die Herzen aussprechen können, das liegt an der Regie, aber es liegt auch an Anya Taylor-Joy, die als Emma Woodhouse – „handsome, clever, and rich“ – Puppenhaftigkeit mit nuanciertem Mienenspiel zu verbinden versteht. Und an Johnny Flynn, dem die Souveränität seiner Emma-Kritik sehr schön komisch in zunehmende Liebesverwirrung, wenn nicht -verzweiflung entgleitet.

Fast unmerklich bewegt sich der Film so von der Operette zur Oper, bleibt Komödie dabei, schließlich werden die Wunden, die vor allem Emma durch die Selbstüberschätzung ihrer Verkupplungskunst den anderen zufügt, wenn nicht geheilt, so doch entschieden gemildert. Auch Austens Rea­lismus war kunstvoll dramatisch und pointiert. Wie richtig es sein kann, das Dramatische und Pointierte noch zu forcieren, wie man das tun kann, ohne Figuren oder Werk zu verraten, das führt „Emma.“ hinreißend unterhaltsam vor. Bitte mehr davon, Autumn de Wilde. Ekkehard Knörer

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