die wahrheit: Im Bunker ist die Hölle los
Tom Cruise spielt Graf Stauffenberg in "Operation Valkyrie"- ein Blick ins Drehbuch
R egisseur Bryan Singer wirkt trotz allem gut gelaunt. "Es ist einfach ein wahnsinnig spannender Stoff", erklärt er, "düster, schwer, aber auch voller Humor." Der amerikanische Spitzenregisseur ("Superman returns", "X-Men") will die Geschichte der Attentäter des 20. Juli 1944 verfilmen. Selbstverständlich hat Action-Spezialist Singer dabei gegen massive Vorbehalte auf deutscher Seite zu kämpfen, zumal Tom Cruise ("Top Gun"), der die Rolle des Claus Schenk Graf von Stauffenberg übernehmen wird, wegen seines offensiven Bekenntnisses zur "Church of Scientology" als belastet gilt. "Mel Gibson hatte aber keine Zeit, außerdem hat ihm das Ende nicht gefallen", bemerkt Singer entschuldigend, doch Kulturstaatsminister Neumann meint kategorisch: "Die filmische Aufarbeitung unserer Vergangenheit ist eine nationale Aufgabe und Deutschlands einzige Chance auf einen Oscar." Und Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will "keine Drehgenehmigung im Berliner Bendlerblock" erteilen, und außerdem sollen Begriffe wie "Stauffenberg" oder "Hitler" künftig markenrechtlich besser geschützt werden.
"Als bekennender Scientologe ist Tom versiert im Umgang mit repressiven Systemen", verteidigt Singer seinen Hauptdarsteller und stellt klar, dass sich der Film gegen "jede Art von Indoktrination" richte. "So was erledigt Tom privat", bekundet Singer. Man wolle "einfach eine spannende Geschichte erzählen".
Tom Cruise spielt in der Produktion mit dem Arbeitstitel "Valkyrie" (deutscher Verleihtitel: "Im Bunker ist die Hölle los") den abgehalfterten Spezialagenten Stauffenberg, der nach seiner Scheidung und zahlreichen Alkoholexzessen als einfacher Cop an der Ostfront Dienst tun muss. In einem Offizierskasino lernt Stauffenberg die schöne, aber zwielichtige Eva "Foxy" Brown (hinreißend: Uma Thurman) kennen, die mit seinem neuen Boss verlobt ist. Stauffenberg verliebt sich dennoch in die geheimnisvolle Brünette, die mit ihren hingehauchten Landser-Chansons ein Lächeln auf die versteinerte Miene des Ritterkreuzträgers zu zaubern versteht. Er besiegt seine Alkoholsucht und lernt Steptanz, und auch Eva scheint dem raubeinigen Charme des von Melancholie und Virilität umwölkten Haudegens zu erliegen.
Bei einem gemeinsamen Urlaub in Polen kommen die beiden sich näher, doch werden sie dort auch Zeugen eines grauenvollen Vorfalls. Ein Waisenkind (eindringlich: Daniel Brühl) wird von geheimnisvollen schwarzen Reitern, die einem mysteriösen Geheimorden angehören, bis aufs Blut diskriminiert. In spektakulär choreografierten Kampfszenen gelingt es Stauffenberg, die mysteriösen Runenträger zu besiegen, doch das Kind stirbt in den Armen von Eva "Foxy" Brown. Zuvor jedoch hat es Stauffenberg das Versprechen abgerungen, seine Eltern zu rächen und ab sofort eine Augenklappe zu tragen.
Nach atemberaubenden Verfolgungsjagden und aufwändigen Spezialeffekten muss Stauffenberg entdecken, dass sein neuer Boss, der charismatische Superintendent Hitler, mit den Bösewichtern unter einer Decke steckt: Hinter der Maske des rechtschaffenen Diktators verbirgt sich in Wahrheit der gefürchtete Superschurke "The Fuhrer", der ganz Europa mit seiner feuchten Aussprache terrorisiert und die Welt beherrschen will. Stauffenberg stellt Hitler (diabolisch: Arnold Schwarzenegger) zur Rede, doch der lacht ihn mit dröhnendem Superschurkenlachen aus und bietet Stauffenberg eine leitende Position beim Militär an. Zum Schein geht Stauffenberg auf das Angebot ein, um mehr über Hitlers Geheimorganisation zu erfahren und Eva "Foxy" Brown zu beeindrucken.
Von Hitlers Machenschaften und Tischmanieren abgestoßen, aktiviert Stauffenberg noch einmal seine alte Spezialeinheit, die "Frauen und Männer des 20. Juli" (Im Original: "7-20-Men"). Mit seinen treuen Gefährten Carl "die Kralle" Goerdeler (überkandidelt wie immer: Kenneth Branagh), dem schneidigen Erwin von Witzleben (blass: Ralf Möller) und der unbedarften, aber liebenswerten Gräfin Dönhoff (als lustiger Sidekick überzeugend: Anke Engelke) will Stauffenberg den Tyrannen stürzen. Als die "7-20-Men" erkennen, dass ihr Plan von Eva "Foxy" Brown, die sich endgültig für die dunkle Seite der Macht entschieden hat, verraten wurde, kommt es im Superschurkenversteck "Wolfsschanze" zum dramatischen Showdown
"So oder ähnlich könnte es gewesen sein", urteilt der Historiker Heinz-Ulrich Wühler, der als weltweit renommiertester Berater für zeitgeschichtliche Stoffe ("Jäger der verlorenen SS", "Surf-Nazis must live") gilt. Andere Historiker freilich melden ernste Zweifel an: Die Rolle der Marion Gräfin Dönhoff sei überbewertet, das Attentat in Wahrheit gescheitert und Hitler gar kein Außerirdischer.
Obwohl der Regisseur zugibt, den Stoff "dramaturgisch aufbereitet" zu haben, bezeichnet er sein Werk dennoch als "irgendwie authentisch": "Wenn wir es nicht machen, dann macht es halt Bollywood", versucht Bryan Singer letzte Bedenken auszuräumen. "Und Sie können sich ja vorstellen, was da rauskommt."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“