die wahrheit: Kifferbuch ohne Hitlermaus
Neues aus Neuseeland: Das Standardaufklärungsbuch "The Great Brain Robbery" gibt es jetzt auch auf deutsch.
Du bist 16, gehst auf eine Party, und wilde, fremde Menschen bieten dir undefinierbare Rauchwaren in Tütenform an. Was sagst du da? "Nein danke, mein IQ ist bereits gefährlich niedrig." Ha! Oder: "Ich bin ein verdeckter Bulle und zieh mir erst zu Hause nach dem Dienst einen durch." Köstlich. Und noch besser: "Nenn mich verrückt, aber ich bin mehr so der Warme-Honigmilch-Typ." Ja, da werden sie sich aber wegwerfen vor Lachen, die Kiffer, oder gleich vor Schreck trollen. So viel Sprachwitz verträgt doch kein vernebelter Kopf!
Dass man mehr Worte als nur "nein" zu Drogen sagen kann und dann leider erst recht wie ein Idiot klingt, dafür sorgt Autor und Karikaturist Tom Scott mit den oben zitierten Auswüchsen an Schlagfertigkeit. Sein launiges Buch "The Great Brain Robbery" ist Standardaufklärungswerk für neuseeländische Eltern und Jugendliche über alles, was sich Drogen schimpft. Es soll zur Diskussion anregen. Die verläuft leider etwas unausgewogen, da der gesellige Bruder Alkohol der düsteren Schwester Marihuana keineswegs gleichgestellt wird.
Das Warnwerk sorgte daher für Spott in kiwianischen Kifferkreisen: Der Mann habe keine blasse Ahnung, wovon er schreibe, zitiere falsche Studien und kenne sich weder mit Hasch noch mit Halluzinogenen aus. Überhaupt sei das Antidrogenbuch ja nur deshalb entstanden, so ein Insider namens Chris im Internet, weil Scotts Sohn sich pausenlos die Birne zugeknallt habe: "Er hat für ein paar Gramm Gras die gesamte CD-Sammlung seines Vaters verhökert. Da war er sauer."
Unter dem Titel "Die schönen Blödmacher" wurde das Buch jetzt in Deutschland gedruckt. Doch auch da scheinen einige nicht ganz glücklich über Scotts Arbeit zu sein. Denn aus der deutschen Ausgabe wurde eine seiner Zeichnungen entfernt: eine Maus in polierten Stiefeln, Hände in strammer Haltung vor dem Bauch, Eisernes Kreuz auf der Brust, zackige Hakenkreuzbinde um den Arm - dreimal darfst du raten!
Die Hitlermaus war die Illustration zu einem Kapitel über Forschung mit Labormäusen. Bei denen wurde ein Gen blockiert, das die Produktion des Neurotransmitters Stickoxid - dem Lachgas ähnlich - reguliert. "Schnelle, furchtlose, mörderische Männchen waren das Ergebnis", weiß Scott. Kurzum: kleine mutierte Nazis. Scott hatte ein Foto vom Führer persönlich vor sich liegen, als er das Bildchen zur Studie zeichnete. Dass die Abbildung des Hakenkreuzes in Good Old Germany seit 1945 verboten ist, woher sollte er das wissen, wenns schon beim Nachtschattengewächs und erst recht beim THC-Gehalt hapert?
Komisch, dass die bekannterweise humorlosen Deutschen seinen flotten Nager einfach aus dem Buch gekickt haben, wundert sich Scott laut. Denn immerhin habe der Verlag an der Ruhr - man staune - seine satirische Zeichnung einer flachbrüstigen Frau und eines Mannes mit Schrumpfhoden akzeptiert. Mit diesem Schenkelklopfer soll der Missbrauch von Anabolika demonstriert werden. Leider gibt der ach so witzische Experte jungen Lesern keine Hilfestellung, wie sie denn skrupellosen Testosterondrückern kontern können. "Nein danke, ich hab schon einen ziemlich Kurzen", wäre doch einen Versuch wert.
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