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die wahrheitSchwabinger Krawall: Intensivtäter

Eigentlich wollte der Jackie bloß vernünftig und ein Vorbild sein. Oder vielmehr hat der Renato gesagt, er gebe ihm keinen "letzten Caipi" mehr, weil es an eine Straftat grenze, wenn man seine Gäste so lange bediene, bis sie krankenhausreif seien...

Eigentlich wollte der Jackie bloß vernünftig und ein Vorbild sein. Oder vielmehr hat der Renato gesagt, er gebe ihm keinen "letzten Caipi" mehr, weil es an eine Straftat grenze, wenn man seine Gäste so lange bediene, bis sie krankenhausreif seien. Dann wollte der Renato dem Jackie den Autoschlüssel wegnehmen, weil das an eine Straftat nicht nur grenze, aber beim Suchen ist dem Jackie eingefallen, dass ihm der Schlüssel wahrscheinlich schon viel früher am Abend beim Pinkeln ins Klo gefallen ist, und suchen wollte er ihn da jetzt nicht mehr. Und wo er sein Auto hingestellt hat, hätte er höchstens den Hubsi fragen können, aber der war schon lange verschwunden.

Also hat der Jackie, weil er gehen auch nicht mehr recht konnte, beschlossen, mit der U-Bahn heimzufahren, ist zur Münchner Freiheit runter und eingestiegen, hat sich eine Zigarette angezündet und überlegt, wo er am besten aussteigen soll, weil er nicht mehr genau gewusst hat, wo er wohnt. Wie er so am Überlegen war, hat er bemerkt, dass ihm gegenüber zwei alte Männer gesessen sind und ihn komisch angeschaut haben. Wie der Jackie gefragt hat, warum sie so komisch schauen, haben sie noch komischer geschaut, weil sie ihn wohl nicht verstanden haben, und da ist dem Jackie eingefallen, dass er gar nicht weiß, ob man in einer U-Bahn rauchen darf. Also hat er seine Zigarette ausgemacht und sich entschuldigt, aber das haben die Männer noch weniger verstanden und komisch geschaut, und dann sind sie überstürzt ausgestiegen und davongerannt.

Der Jackie hat sich gedacht, dass das wahrscheinlich irgendwelche Deppen waren, und wie er in Fröttmaning angekommen ist, ist ihm klar geworden, dass er da noch nie war und auch nicht hinwollte, weil er gar nicht weiß, wo das ist, und dass er am besten so lange sitzen bleibt, bis die U-Bahn wieder zurückfährt, um eventuell in der "Sieben" noch einen letzten kleinen Absacker zu nehmen.

Dazu ist es aber nicht gekommen, weil plötzlich ein Trupp schwerbewaffneter Soldaten oder Polizisten in die U-Bahn gestürmt ist, sich auf den Jackie geschmissen, ihn mit Handschellen gefesselt und abgeführt hat. Der Jackie hat gesagt, dass das eine Sauerei und ein Irrtum sei und was das überhaupt solle, aber keine Antwort bekommen, weil die uniformierten Männer ihn wohl nicht verstanden haben oder so damit beschäftigt waren, ihn zu fünft festzuhalten und zum Wagen zu tragen.

Auf dem Weg zum Polizeirevier ist der Jackie eingeschlafen und erst am nächsten Morgen wieder erwacht, wo man ihm dann erklärt hat, es liege tatsächlich ein Irrtum vor und man habe ihn fälschlich für einen jugendlichen Intensivtäter gehalten, weil zwei Rentner angerufen und von einem solchen berichtet hätten, der in der U-Bahn geraucht und gepöbelt und ihnen angedroht habe, sie zu kicken, aber offenbar vor Eintreffen der Beamten verschwunden sei. Ihm selbst sei höchstens vorsätzliche Berauschung vorzuwerfen, wovon man aber in diesem Falle wegen Arbeitsüberlastung absehen wolle. Weil es dem Jackie nicht oft passiert, dass er für einen Jugendlichen gehalten wird, war er fast ein bisschen stolz, ist aber trotzdem zu Fuß heimgegangen, um nicht in etwas verwickelt zu werden, was er nicht versteht.

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