die wahrheit: Aus allen Nähten geplatzt
Die Erde gerät durch die schlecht verteilte Weltfettmenge auf eine schiefe Umlaufbahn.
US-amerikanische Forscher haben eine revolutionäre Entdeckung gemacht: den World Wide Fat Index (WWFI) - die Weltfettmenge. Dabei handelt es sich um die Gesamtheit des Körperfetts aller auf der Erde lebenden Menschen. "Dieser Index ist konstant und unabhängig von der Größe der globalen Bevölkerung", sagt Ann Orexia von der Houston University of Texas. Ursprünglich hatten die Forscher an einem internationalen Aktionsplan gegen das Problem der Adipositas (schweres Übergewicht) gearbeitet. "Fettleibigkeit gilt ja als eines der weltweit größten Gesundheitsrisiken überhaupt, mal abgesehen von Krieg", so die Wissenschaftlerin.
Hierzu wurde in einem jahrelangen Verfahren in mehr als 30 Ländern ober- und unterhalb des Äquators das Körperfett sämtlicher Einwohner bestimmt, "indem man die Person unter Wasser wiegt oder die Dicke der Körperfalten mit einem Greifzirkel misst, was sich in wüstenreichen Regionen anbot". Die vergleichende Studie ("The World Wide Fat Index - An Intracultural and Cross-Cultural Comparison Study", U.S. Government Printing Office, 2008) kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis: der Körperfettanteil verhält sich in Ländern der ersten und der dritten Welt zueinander proportional. "Daraus ist zu schließen, dass jeder Mensch einen Weltfettmengen-Partner beziehungsweise -Partnerin hat, wobei noch nicht ausreichend erforscht ist, ob diese Partnerschaften zwingend der Gleichgeschlechtlichkeit unterliegen", erläutert Orexia. Zweifelsfrei sei jedoch, dass eine solche Verbindung weder auf demselben Kontinent noch im selben Land bestehen könne. "Die Natur hat sich ja schließlich was dabei gedacht." So bestünden zum Beispiel auffällig viele WWFI-Partnerschaften zwischen US-Amerikanern und Bürgern der arabischen Welt.
Die Methodik ist leicht zu beschreiben: "Verliert mein Partner drei Pfund Körperfett, wird mir automatisch diese Menge zugeschlagen, unabhängig davon, wie ich mich gerade ernähre", erklärt die Forscherin. "So ist auch der für die Betroffenen frustrierende Jojo-Effekt von Diäten zu erklären oder die Tatsache, dass manche Menschen tausende von Kalorien zu sich nehmen können, ohne dick zu werden, während andere nur beim Anblick von, äh, russischen Eiern ein Kilo zulegen."
Alarmierend sei allerdings, dass die Erde buchstäblich aus dem Gleichgewicht zu fallen drohe: Der extrem fettleibigen Bevölkerung in Industrienationen stehen stark untergewichtige Menschen in Entwicklungsländern gegenüber, "und diese Schere geht immer weiter auseinander", warnt Orexia. Werde dieser Trend nicht aufgehalten, sei zu befürchten, dass die Erde auf die schiefe Umlaufbahn gerate. Die Folgen einer solchen Katastrophe seien noch gar nicht abzusehen.
Die US-Forscher wollen daher auf der nächsten WHO-Ministerkonferenz ihren Aktionsplan vorlegen, der auf die Dringlichkeit einer Entwicklungshilfe unter besonderer Berücksichtigung des WWFI hinweist. "Die Länder der dritten Welt benötigen jetzt all jene Faktoren, die bei uns im Überfluss gegeben sind: Majonäse, Flachbildfernseher, Treppenlifte und natürlich diese praktischen Gartengeräte, mit denen man sich nicht mehr bücken muss. Umgekehrt wäre es hilfreich, wenn Industrienationen ihre Infrastruktur den neuen Anforderungen anpassen", sagt Orexia. "Es wäre also gut, wenn man, sagen wir: in Texas, für einen Eimer Trinkwasser ein paar Kilometer zum nächsten Brunnen laufen müsste. Obwohl, Texas ist da jetzt vielleicht ein schlechtes Beispiel."
Überdies soll die Internetplattform "Find, Discuss, Help" (FDH) als Forum dienen, in dem sich Weltfettmengenpartner begegnen und ihre Ernährungsweise aneinander angleichen können; Fragebögen mit Multiple-Choice-Angaben - "Lieblingsspeise: a) Hirsebrei, b) die 14 süßsauer, c) alles mit Nudeln" - dienen der Orientierung.
Die Bundesregierung hat bereits ihre Unterstützung des Aktionsplans zugesichert. Erst im Januar 2008 hatte Verbraucherminister Horst Seehofer in seiner Verzehrstudie dargelegt, dass mehr als die Hälfte aller Bundesbürger fettleibig sei - zwei Drittel der Männer und rund 50 Prozent der Frauen. Deutschland trage damit eine schwere Verantwortung, sagte Kanzlerin Angela Merkel. Sie werde auch ganz persönlich alles in ihrer Macht Stehende tun, um "die Welt wieder ins Gleichgewicht zu bringen". Als Erstes wolle sie die neue "Brigitte-Diät mit Kohlrezepten" probieren. Und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel verkündete, er freue sich darauf, "endlich den Kerl zu finden, dem ich meinen Schwabbelranzen zu verdanken habe".
TANJA KOKOSKA
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