die wahrheit: Neues aus Neuseeland: Erfinder des Hohlkopf-Bügelbretts lebt noch

Manche Schreckensnachrichten am frühen Morgen lassen das Müsli vom Löffel plumpsen: Colin Murdoch ist tot.

Ja, genau, der Colin Murdoch, der vor über einem halben Jahrhundert die Einwegspritze erfand. Mit 79 Jahren raffte ihn der Krebs dahin - Trauer in allen Zeitungen. Monatelang hatte der neuseeländische Chemiker einst an langen Abenden am Küchentisch getüftelt, um die Menschheit von der Geißel der Ansteckung durch schlecht infiziertes Spritzbesteck zu befreien. Junkies danken es ihm bis heute.

Wenige Jahre später erfand Colin Murdoch das Betäubungsgewehr, und weil er von Schießen und Spritzen offensichtlich genug hatte, widmete er sich der Erfindung des kindersicheren Flaschenverschlusses, was auch in den Bereich Betäubung fällt. All diese Innovationen verschafften Murdoch den Ehrenplatz in einer Briefmarken-Edition der neuseeländischen Post, zusammen mit dem Erfinder des Elektrozauns. Nicht zuletzt ist der fleißige Colin Murdoch in einem Buch verewigt: "101 Incredible Kiwis - How New Zealanders lead the world". Unglaubliche Kiwis, die die Welt anführen - wer hätte gedacht, dass es über hundert von ihnen gibt? Obama, Hilary - zieht euch warm an!

Tatsächlich führen nämlich gerade mal zwei Kiwis die Welt: Jemaine Clement und Bret McKenzie, bekannt als Komik-Musikduo "Flight oft the Conchords". Kostprobe aus dem Gute-Laune-Song "Cheer up Murray": Du siehst ein bisschen traurig aus / Dein Leben ist doch gar nicht so schlecht / Denk an all die guten Zeiten / Denk an deinen 33. Geburtstag / Du hast eine große Party geschmissen / Und all deine Freunde waren dort / Jemaine, Greg und ich. Kein neuseeländischer Fernsehsender war damals an ihrem schein-naiven Humor interessiert. Überall hagelte es Absagen für die überaus herzerfrischenden und begabten Sänger aus Wellington. Bis sie enttäuscht die Heimat verließen, in die USA gingen, ihre TV-Show dort sofort ein Riesen-Hit wurde und sich die feigen Programmmacher von TVNZ in Auckland seitdem gegenseitig in den Hintern beißen, um nicht ihre schamroten Gesichter im Spiegel betrachten zu müssen. Das neue Album des Duos rangiert bereits an dritter Stelle in den Top Ten der amerikanischen CDs, und sie sind die Nummer eins im Download-Verkauf. Sie führen!

Im oben erwähnten Buch kommen "Flight oft the Conchords" nicht vor. Da hat wohl jemand schlampig recherchiert. Wie schön, dass jedoch neben all den unglaublichen Kiwis wie der Suffragette Mary Ann Müller - erstes Wahlrecht der Welt für Frauen - und dem Freitaucher William Trubridge - 82 Meter in einem Atemzug - auch Shane Inder auftaucht. Shane Inder ist ein Kind im Geiste des Spritzen-Erfinders Colin Murdoch. Auch er will das Leben praktischer und effizienter machen. Was ihn bis ans Äußerste herausfordert, kann jeder Hemdenträger nachempfinden: Die Eintönigkeit des Bügelns. Nachdem Shane Inder seinen Abschluss in Design gemacht hatte, widmete er sich dem Entwurf eines Bügelbretts. Heraus kam ein klappbares Teil in der Form eines breitschultrigen Männerkörpers. Im Kopf sitzt ein Loch, durch das das Stromkabel gleiten kann. Garantiert gibt es bald eine Briefmarke.

ANKE RICHTER

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.