piwik no script img

die wahrheitDer homosexuelle Mann ...

Kommentar von Elmar Kraushaar

… wird wieder zurück zur Schlachtbank geführt. Den CSD-Propagandisten und -Profiteuren kommt langsam der Sinn ihres Tuns abhanden, von Jahr ...

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • DH
    Dean Hutchinson

    Als älterer Schwuler (Jahrgang 1955) stößt Dein Artikel bei mir auf Unverständnis. Daß Umfragen über Gewalt gegen Schwule vor zwanzig oder dreißig Jahren nicht existierten, schier unmöglich waren, zeigt nur, wie "unaussprechlich" und tabuisiert nicht nur das Thema Gewalt gegen Schwule damals war, sondern die Homosexualität an sich (ganz dem kirchlich-mittelalterlichen Gebot gehorchend, das "peccatum mutum", die "stumme Sünde", als guter Christ nicht beim Namen zu nennen.) Es zeigt aber auch, wie "richtig" oder zumindest "verdient" solche "Straf- u. Züchtigungsmaßnahmen" der dummen (oder, politisch korrekter: "unaufgeklärten") und dadurch umso gefährlicheren Mehrheit der Heteros damals erschienen. Das heißt, wenn sie dieses "Schwuleklatschen" und die sie fördernde öffentliche Verhöhnung Homosexueller, ganz wie die Deutschen in den 1930ern beim Anblick verhöhnter, verfolgter und verschleppter Juden, durch Weggucken u. -hören nicht gänzlich verdrängten. Es verdeutlicht auch auf schmerzhafte Weise, wie entrechtet, wie versteckt, wie unfrei wir damals leben MUSSTEN. Nicht aus Scham oder mangelndem Selbstwertgefühl, sondern aus berechtigter Angst vor tätlichen Übergriffen seitens unserer heterosexuellen "Mitbürger" (die meistens, den Nazis nicht ungleich, in Gruppen auftraten) waren unsere Kneipen, bis in die frühen 80er Jahre, fast alle durch strenge Gesichtskontrollen und verriegelte Türen gesichert. Wir lebten damals wahrhaftig im "güldenen Käfig," und haßten es, wohl wissend, was uns da draußen, in der Welt der Heteros, an Feindseligkeit, tagtäglicher Unterdrückung, Unsichtbarmachung, bösartigem Getuschel und Verachtung erwartete. Schon vergessen, wie Du Dich damals, in einem Schwulenratgeber (siehe unten), über diese "festen Burgen" (die versteckten Schwulenkneipen), und damit über UNS, mokiertest?[1] Mir fällt auf, daß Du Dich immer noch, tendenziell, "schützend" vor die, die uns verfolgt haben, stellst, während Du umso härter mit den Schwulen ins Gericht gehst, wo es doch eindeutig die Heteros (und auch ein paar versprengte, verkappte Schwule/Lesben) sind, die uns bis vor kurzem aktiv verhöhnt, verfemt, verfolgt, aus dem Elternhaus oder der Schule geworfen, die Arbeit gekündigt, aus der Kirche oder Synagoge exkommuniziert, aus dem Militärdienst entlassen, unsere Wohnungen wegen unseres angeblich "unzüchtigen Lebenswandels" zwangsgeräumt, uns auf der Straße, vor der Schwulenkneipe, in der elterlichen Wohnung, verprügelt oder gar ermordet haben? Die Unsichtbar- und Verächtlichmachung (wenn auch auf einer weit verlogeneren und hinterfotzigeren Ebene), oder Reduzierung der Homosexualität aufs Private, Oberflächliche, Klischeehafte, "Exzentrische", Komödiantische (und somit aufs Harmlose, Gegenstandslose?), im heteronormativen Alltag geht weiter. Der gewünschte Nebeneffekt jedenfalls, die Aufrechterhaltung der heterosexuellen Vorherrschaft, bleibt.

    -----

    [1] Siehe die "Ein'-feste-Burg"-Bilderreihe in, Matthias Frings u. Elmar Kraushaar: "Männer. Liebe: Ein Handbuch für Schwule und alle, die es werden wollen," Rowohlt, 1983.

  • J
    jb-berlin

    Mit dem Alter kommen möglicherweise betagte schwule Männer ganz einfach in die Situation, dass sie nicht mehr mitbekommen, wie fernab von den Realitäten, eben auch denen jüngerer Generationen, sie ihr Leben eingerichtet haben. Von ihrem nett eingerichteten Wohnzimmer aus verstärkt sich ihr Blick aus dem Fenster hinaus in die Welt mit allerlei subjektiven Illusionen und Wunschträumen. Isolation wird als erholsamer Rückzugsort verkauft. Konturen und Perspektiven von Realitäten verschwimmen zusätzlich, weil sie aus lauter narzistischer Gekränktheit ihre Brille nicht mehr aufsetzen. Einbildung wird als Bildung erklärt. Ihr unbeholfenes Poltern soll den Eindruck vermitteln, nicht ihre Einfallslosigkeit, sondern ihre Genialität würde verkannt. Sollte man es ihnen übel nehmen, wenn sie dann wehleidig in die Runde stammeln?

     

    Was soll ich empfehlen?

     

    Vielleicht einfach mal wieder unter Menschen gehen!

    Grass hat mal zu Lafontain gesagt: "Halt's Maul und trink ein Glas Rotwein".

  • D
    didi

    Das "schwule Opfer" muss nicht neu erfunden werden, weder von den Organisatoren des CSD noch von der TAZ. Schwule und Lesben sind Opfer in dieser Heterodemokratur. Ob es sich bei den schwulen "Gallionsfiguren" um das path. Phänomen der Identifikation mit dem Aggressor handelt oder ein geschicktes Unterminieren, wird die Zeit zeigen. Solange aber die Lebenspartner gleiche Pflichten aber ungleich weniger Rechte als Ehepartner haben, solange auch der Begriff "Ehe" den Schwulen verweigert wird usw., solange kann man nur von Diskrimminerung Schwuler sprechen. Schwule Lebenspartner lassen sich ideal vom Staat ausbeuten: Versorgungspflichten gibt der Staat an den Partner ab, allerdings keine Witwerpensionen für Schwule, keine Erbschaftssteuergleichstellung wie bei Eheleuten oder Verwandten, zwei mal Steuerklasse I, kein Adoptionsrecht u.v.a.m. Da brauchen wir nicht in die östlichen EU-Staaten zu gucken. Diskrimminierung findet hier und jetzt zum Vorteil des Staates ständig statt.

  • SK
    Stefan Knoblich

    Lieber Elmar,

     

    es hat mal wieder viel Spaß gemacht, deine Glosse zu lesen ... !!!

    Du bist einer der wenigen in der Szene, der sich gegen die ganze Heuchlerei der Berufs-Schwulen - die vom Jammern zum Teil mit BAT II ganz gut leben ... - wehren, Danke !!!

     

    Zum Thema Opfer fallen mir mal wieder die unsäglichen "RespectGaymes" des lsvd ein ... Inzwischen scheint sogar dort angekommen zu sein, dass "Respekt" auf Gegenseitigkeit beruht und nicht von Rassisten und Missionaren einseitig eingefordert werden kann ...

     

    Allerdings ist die aktuelle Online-Umfrage mal wieder bezeichnend: Glaube keiner Statistik, die du nicht selber manipuliert hast!

    Dort wird "mann" mit "Pflichtfragen" dazu genötigt, auf seltsame Statements vorgegebene seltsame Antworten zu geben, sonst kann der Fragebogen nicht abgeschickt werden ...

    Ich freue mich schon auf die abstruse Pressekonferenz, in der die Resultate, der "wissenschaftlichen" Erhebung präsentiert werden ...

     

    Mach weiter so und lass dich nicht nur auf die Satireseite abdrängen !!!

    Stefan Knoblich (Diplom-Politologe)