die wahrheit: Pfannkuchen der Liebe
Das geheime Tagebuch der Carla Bruni - Heute: Die Spanische Fliege.
Mon cher journal intime …
Oh, verdammt, verdammt, verdammt! Habe eben einen Anruf von Raphaël erhalten. Erst dachte ich, er wollte mich zurückhaben, aber es ist viel schlimmer: Fotos und Videos sind weg. Gestohlen aus dem Hause seines Bruders. Ich weiß noch gar nicht, wie ich Nici beibringen soll, dass uns da wohl das ein oder andere Skandälchen ins Haus steht. Ich fand die Bilder ja immer recht toll von mir, aber ich verstehe, dass eine Première Dame, die in einem Nudistencamp Pingpong spielt, nicht das ist, was man sich im Elysée unter Öffentlichkeitsarbeit vorstellt. Und auch das Video von Auréliens Geburt ist kaum für die Augen aller gemacht. Raphaëls Kameraführung war ja mal wieder unter aller Sau.
Dienstag, 28. April
Hach, Spanien! Was hatte ich mich gefreut! Wie schön, dass Nici vor der Reise kundtun musste, dass er Zapatero für minderbemittelt hält. Das macht es gleich viel einfacher, mit den Gastgebern ins Gespräch zu kommen Aber ich glaub, es wäre mir auch so geglückt: Ich finde es ja immer ganz schön, etwas Landestypisches an sich zu haben, wenn man die Regenten trifft. Und so hatte ich im Internet ein Parfum entdeckt, das sich "Spanische Fliege" nennt. Das habe ich mir, zwei Tropfen hinters linke Ohrläppchen, zwei hinters rechte, aufgetragen und ich muss Dir sagen, liebes Tagebuch, es war gar nicht schwer, mit den Regenten ins Gespräch zu kommen. Ich finde zwar, es riecht etwas streng und es hat auch arg rote Flecken gemacht, aber es waren mir alle sehr zugeneigt, das kann ich nicht anders sagen.
Mittwoch, 29. April
Gestern war wieder so ein Moment, in dem ich richtig stolz war, die Gattin von Nicolas Sarkozy zu sein. Da hat mein Schatz sich nämlich als Visionär gezeigt und seine Pläne eines "Grand Paris" vorgestellt, das er bis 2030 bauen will. Einer Stadt, die daliegt wie ein sich ausbreitender, alles vor sich hinschiebender Pfannkuchen. 35 Milliarden Euro soll die Entstehung der "Sarkolieue" kosten, wobei der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs für Nici sehr wichtig ist. Der Umwelt wegen. So wird man mit dem Sarko-Speed-Express in nur 41 Minuten vom Eiffelturm ans Ende von Niciparis, wie die Stadt dann heißen soll, zischen können. Nici hat mit internationalen Städteplanern, die auch in Diktaturen Megacitys aus dem Boden stampfen, ein ganz tolles Konzept erarbeitet, das ganzheitlich greift. Die haben wirklich an alles gedacht! Garagen für Elektroautos, Altenheime (die sogenannten Silver-Sarko-Chalets), Friedhöfe, Kindergärten für "Sarko-Kids" und Zentren für gewalttätige Ehemänner. Ganz süß finde ich, dass die Einkaufsläden nach mir benannt werden sollen. Die Discounter werden "Caldi" heißen und die Bioläden "Carlas MB 6hre". Oder aber "Carla Natur". Was ich aber nicht so gut finde, weil es sich zu sehr nach Apfelsaft oder Damenbinde anhört.
Donnerstag, 30. April
Habe eben mit Vero telefoniert (Veronica Lario, Ehefrau v. Silvio Berlusconi, Anm. d. Red.). Weil es nicht sein kann, dass unsere Männer jeden freiwerdenden Posten in ihrem Kabinett mit irgendwelchen Pin-ups bestücken, haben wir beschlossen, die Kampagne "Hirn statt Hintern" zu gründen. Nici ist ja kaum besser als dieser italienische Nudelochse. Möchte gar nicht wissen, in welchem Herrenmagazin er die Neue fürs Überseedepartement entdeckt hat. Wahrscheinlich war sie "Miss September". Und ihre Antwort auf die Frage, auf welche Männer sie stehe: "Die Großes vorzuweisen haben."
Samstag, 2. Mai
Liebes Tagebuch, ich war ja etwas unglücklich, weil meine Karriereleiter weniger einer Leiter gleicht als vielmehr einem Tritt. Wie dem, den ich benutze, wenn ich in der Küche an die Cornichongläser will. Meine Entwicklung geht allenfalls in die Breite. Aber jetzt sehe ich doch wieder Land. Deshalb habe ich vor ein paar Tagen der Zeitschrift La Tribune et Moi mitgeteilt, dass ich mich neben den HIV-Infizierten für noch mehr Randgruppen engagieren werde. Obdachlose, Alkoholiker, Langzeitarbeitslose, Menschen ohne Wohnung, Säufer, Kurzzeitentlassene, Penner, Alkis, schwervermittelbare Nichtwerktätige, außerdem Berber, Trinker und vom Kapitalmarkt Freigestellte. Das hilft, die Zeit zu überbrücken, bis mir etwas klarer wird, was ich on the long run tun will. Denn immer nur präsentieren, aphrodisieren und ab und zu zur Kosmetikerin füllt eine kluge Frau wie mich nicht aus. Immerhin ist es toll, dass das Magazin einen so passenden Namen hat - "Die Tribüne und ich". Bei einem Blatt wie "Der Pferdeonkel" oder "Internet heute" hätte die Nachricht gar nicht in so einem passenden Zusammenhang gestanden.
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