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die wahrheitFrankfurter Allgemeine Frischlinge

Es gibt ziemlich viele Gründe, die FAZ nicht zu lesen, aber einen gewichtigen Grund, es doch immer wieder zu tun: Das sind die Frischlinge...

... in der Rotte … - Pardon, im Ressort "Innenpolitik". Sie kommen auf der ersten Seite vor allem im Sommerloch zum Zuge, wenn die Keiler in den Ferien sind. Die Texte dieser Frischlinge erinnern an die gymnasialen Besinnungsaufsätze in den Fünfziger- und Sechzigerjahren - mit dem Unterschied, dass es jetzt nicht mehr um Besinnung, sondern um die rechte Gesinnung geht.

Jüngst dilettierte der Frischling Timo Frasch über Glück als "eine relative Größe". Der Text beginnt mit der für das Genre der gesinnungstüchtigen Prosa unvermeidlichen Phrase, "schon Aristoteles" habe gesagt. Über "das" Mittelalter kommt er dann zügig zum "Utilitarismus" und zur gymnasialen Allerweltseinsicht: "Glück ist nämlich eher eine relative als eine absolute Größe: Nicht so sehr, dass jemand 100.000 Euro verdient, macht ihn glücklich, sondern dass er 50.000 Euro mehr verdient als der Nachbar." Für solchen biederen Flachsinn gab es früher gute Noten, jetzt schmückt er die erste Seite des Weltblatts aus Frankfurt am Main.

In der Neuzeit entdeckten "die" Menschen die Machbarkeit von Glück, meint Frasch weiter. Und das führte bekanntlich von der Schreckensherrschaft unter Maximilien de Robespierre (1758-1794) und Louis Antoine Léon de Saint-Just (1767-1794) geradewegs zu den "großen Zwangsbeglückungsregimen" des 20. Jahrhunderts. Mit dieser frischlingshaften Geschichtsphilosophie werden Hitler und Stalin in einem Aufwasch überführt: "Sie zeigten, dass die Suche nach dem maximalen Glück mit hoher Wahrscheinlichkeit im maximalen Unglück endet." Erschrocken ob der feschen These, zuckt der Autor zusammen und relativiert die spätgymnasiale Improvisation damit, sie treffe nur mit "hoher Wahrscheinlichkeit" zu.

Die zweite Einsicht des Sommerlochfüllers über Glück liegt in derselben Preislage: "Die Geschichte der Glücksuche war weder nach 1945 noch nach 1989 zu Ende, sie verlagerte sich nur - etwa auf den Büchermarkt." Hirnforschung und Politikberater besorgten dann den Rest, und "der asiatische Kleinstaat Bhutan machte das Bürgerglück gleich zum Verfassungsziel".

Bhutan, Bürgerglück? Nun, als noch gymnasiale Besinnungsaufsätze geschrieben wurden und der Konservatismus intellektuell noch nicht auf den Hund gekommen war, wussten Gymnasiasten wie FAZ-Kommentatoren noch, dass der "pursuit of happiness" ("das Glücksstreben") nicht vom asiatischen Kleinstaat und nicht von Hitler oder Stalin erfunden wurde, sondern seit 1776 in der "Declaration of Independence" der Vereinigten Staaten von Amerika steht und seither als "Recht" zu den "offensichtlichen Wahrheiten" ("truths to be self-evident") zählt. Für Frasch handelt es sich dabei wahrscheinlich um ein weiteres "Zwangsbeglückungsregime". Dass es dem Frankfurter Allgemeinen Frischling entging, ist wohl kein Zufall, sondern hat Methode.

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1 Kommentar

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  • S
    SunshineReggae

    klor versteh ich, daß jeder Mensch das Recht auf sein eigenes Lebensglück hat, dafür zu lernen und zu arbeiten, auch nach Gesundheit zu streben. Daß es das in der FAZ nicht gibt, is mir neu, teilen die da ihr Glück in allen Etagen nich miteinander, also zumindest in der Wirtschaftsredaktion müsste das so sein. Gesinnung?