die wahrheit: Mutter Gottes im Wahlfahrtsort notgelandet
Maria ist eine Rezessionsgewinnerin. Immer dann, wenn es den Iren dreckig geht, hat die Jungfrau mit ihrer Sippe Hochkonjunktur. Arbeitslosigkeit, Inflation, Schweinegrippe? ...
... Schon ist Maria zur Stelle und vollbringt ein kleines Wunder, damit die Menschen auf andere Gedanken kommen.
Vorvergangenen Samstag war es wieder so weit. Der Hellseher Joe Coleman kündigte es einen Tag zuvor in einer Pressemitteilung an: "Morgen um 15 Uhr neue Marienerscheinung in Knock." Welcher Ort wäre besser dafür geeignet als die Kleinstadt an der irischen Westküste? Knock hat Erfahrung mit Erscheinungen: Am 21. August 1879 morgens um acht entdeckten 15 Gläubige an der Kirchenwand Maria und Josef sowie Johannes den Täufer, der als Bischof verkleidet war. Darüber schwebten das Christuskreuz, ein Engel und ein Lamm. Eine kirchliche Untersuchung ergab später, dass die Gläubigen glaubwürdig waren, und seitdem ist Knock Wallfahrtsort. Inzwischen hat das Kaff einen internationalen Flughafen und eine Basilika für 7.000 Menschen.
So viele tauchten auch vor neun Tagen in Knock auf. Es war schließlich Halloween, und die Leute wollten herausfinden, in welcher Verkleidung Maria diesmal wohl erscheinen würde. "Sie will, dass ihre Statue um drei Uhr in die Kirche getragen wird", erklärte ihr Pressesprecher Coleman. "Der Hellseher soll hinter ihr laufen. Der Pfarrer soll den Rosenkranz beten. Danach wird sie sich zu erkennen geben. Sie wird ihrem Hellseher eine Botschaft an alle übermitteln. Diese Botschaft wird er in der Kirche verlesen."
Das tat er aber nicht. Coleman verließ Knock um 16 Uhr und behauptete dreist, alles habe so stattgefunden, wie er prophezeit habe, nur der richtige Zeitpunkt, um ihre Worte zu enthüllen, sei noch nicht gekommen. Vor drei Wochen hatte Coleman schon einmal einen Marienauftritt in Knock vorhergesagt. Dabei vertat er sich allerdings um eine Dezimalstelle. Statt der prophezeiten 50.000 Marienfans tauchten nur 5.000 auf. Und auch bei der Zeit lag er etwas daneben. Das Wunder ließ eine akademische Viertelstunde auf sich warten.
Dann aber geschah es - und wie! Die Sonne begann zu tanzen, sie veränderte mehrmals ihre Farbe, ihre Strahlen stellten biblische Szenen dar. Manche glaubten, Maria mit einer Hostie in der Sonne zu erkennen. Oder war es eine Pizza Maria? Es gab Riesenapplaus, einige sangen ein "Ave Maria", andere beteten und weinten vor Ergriffenheit. Nur Pfarrer Joseph Quinn raufte sich die Haare. Er hatte vergeblich versucht, die Menschen per Lautsprecher zur Messe in die Basilika zu locken. Dort sei Maria ständig zu Gast, beteuerte er.
Coleman behauptet, er habe seit 1986 ständig Visionen von Maria. Erst neulich habe er sie zweimal in der Kapelle der Kirche von Knock gesehen: "Die Statue wurde lebendig, sie öffnete ihre Arme, legte sich einen hübschen rosafarbenen Umhang um, über ihrem Kopf funkelten die Sterne. Dann drehte sie sich zu Jesus um, danach zu Padre Pio." Ist Coleman etwa Angela Merkel in ihrer Bayreuther Festspielkleidung erschienen?
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