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die wahrheitBekifft am Kreuz

Glaube und Wahn: Wie Jesus in die Welt und ihr wieder abhanden kam.

High vom eigenen Ruhm hängt Jesus, der Superzausel, in den Seilen. Bild: ap

Keine andere Unternehmung hat über so lange Zeit mit der Einbildungskraft und den Wahnvorstellungen der Menschen derart gut verdient wie die katholische Kirche. Und wenn auch das Management des Global Players gerade etwas ins Gerede gekommen ist, lohnt sich doch eine nähere Betrachtung der Anfänge ihres zweitausendjährigen Erfolgsmodells.

Alles begann, als das langhaarigste Baby aller Zeiten das Licht der Welt erblickte - oder vielmehr das schummrige Licht eines Bethlehemer Eselstalls. Schon bei seiner Geburt war dieser "Jesus" ungewöhnlich stark behaart, lange Zottelmähne und Vollbart inklusive. Diese Attraktion zog sofort allerhand Schaulustige an. Und weil der Stall an einer beliebten Migrantenroute lag, kamen auch zahlreiche Fremdländer, um das merkwürdige Kind zu bestaunen. Einige boten sogar Hilfe an und wollten das bärtige Bündel mit Tinkturen aus Myrrhe, Thymian und Salbei kurieren. Das war der Punkt, an dem der schlaue Vater Joseph begriff, dass sein unehelicher Sprössling, welcher so plötzlich aus seines Weibes Schoß entschlüpft war, der reine Geldsegen werden könnte - wenn er es nur marketingtechnisch gut aufziehen würde. Und das tat er. So wurde der kleine Jesus, noch ehe er sich rasieren konnte, zu Galiläas Next Superprediger.

Einige Jahre später - Jesus hatte in der Zwischenzeit zahlreiche Rhetorik- und Wassergymnastik-Seminare besucht - war der Junge fit für seine Karriere. Genau wie es ihm sein Vater eingebläut hatte, tourte er durch ganz Galiläa und Judäa und predigte, was das Zeug hielt. Sein "Best-of" des Alten Testaments war der Renner auf den staubigen Marktplätzen jener Zeit. "Und siehe dort, ein brennender Dornenbusch, der Qualm duftet süß. Doch halt, der Busch, er spricht!" Puff, hatte Jesus eine rußende Fackel aus dem Ärmel gezaubert und verblüffte damit die anwesenden Gläubigen. "Oooooooooohhhh!", staunten sie, und Jesus fuhr mit Flammen in den Augen fort: "Der Busch sprach: Ich bin dein Gott, und mein Wirkstoff heißt JHWH, du sollst keine Drogen haben neben mir - nicht einmal THC!" Erschrocken warfen die Gläubigen ihre Joints fort und huldigten Jesus, der zum Abschluss noch geschickt auf seinen Merchandisingstand links neben dem Ausgang hinwies.

Schon bald nahm die Marketingkampagne Fahrt auf, und das halbe Land trug Jesus-Gewänder, Jesus-Haare und Jesus-Bärte. "Meine Jünger", nannte er sie und zog mit diesem wilden Haufen von Taverne zu Taverne, um Wein in Pipi zu verwandeln, bis keiner mehr den Unterschied herausschmecken konnte. Derweil kochte die Gerüchteküche ihr eigenes Süppchen und die Zahl der Anhänger wuchs. Jesus entwickelte sich immer mehr zum Performance-Künstler und Entertainer. Mit seinen verblüffenden Liveshows verbuchte er nie dagewesene Erfolge. Zu den absoluten Rennern wurde etwa die große Lepra-Show, in der Aussätzige um ihre Spontanheilung spielten - neben Lepra-Kranken wurden im Lauf der ersten Staffel auch Taubstumme, Lahme, Schizophrene und Vom-Teufel-Besessene auf wundersame Weise geheilt. Dass sämtliche Teilnehmer vorher von Josephs Produktionsfirma "J-tainment" gecastet und präpariert wurden, wusste man damals freilich nicht. Es war die Boomzeit der sogenannten Scripted Miracles.

Doch das Showbiz war hart und Neider blieben nicht lange fern. Genauso wie Jesus von Millionen abgöttisch geliebt wurde - so wurde er von Unzähligen abgrundtief gehasst. Es kam, wie es kommen musste, und Jesus wurde wegen Drogenmissbrauchs und Dealerei angeklagt. Jesus hatte gerade gegessen und wurde praktisch noch mit einem Hühnerbein im Mund verhaftet. Ein V-Mann hatte den entscheidenden Hinweis gegeben. Der mittlerweile stark fettleibige Jesus wurde zum Tode im Hungerbunker verurteilt, bestand aber auf einem spektakulären Abgang. Man gewährte ihm seinen letzten Wunsch und nagelte ihn publikumswirksam ans Kreuz, wo er vergnügt "Only the good die young" flötete und dann das Zeitliche segnete.

Seine Jünger machten daraufhin einen Haufen Geld mit Jesus-Fan-Magazinen und -Andenken. Sonderhefte, Grale, Speerspitzen, Leichentücher - alles ging weg wie warme Semmeln. Einige der Merchandise-Artikel sind heute beliebte Sammlerobjekte, andere, wie etwa die INRI-Actionfiguren, scheinen für immer verloren. Auch die Schriften und Überlieferungen von damals werden immer noch in riesigen Auflagen gedruckt. Globale Dependancen wurden aufgezogen, und das Franchise-System mit so getauften "Gotteshäusern" funktioniert nach vielen hundert Jahren immer noch.

Aus der flinken Idee Josephs ist Wirklichkeit geworden, ein Imperium mit einer Marketingpower, von der Apple und Nike nur träumen können. Die klitzekleine Krise, in der die Kirchenoberhäupter stecken, wird ebenfalls bald vorübergehen, man muss es sich nur ganz fest einbilden. Genüsslich ziehen die brokatgewandeten Eminenzen an ihren Weihrauch-Wasserpfeifen. Jesus, der alte Zausel, wäre stolz auf sie.

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21 Kommentare

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  • U
    unzeit

    Ein wenig stört mich der Verweis auf den brennenden Dornbusch. Moses (genau betrachtet ein eitler Agitator und Großschlächter von Männern, Frauen und Kindern, die nicht seines Stammes waren, und den nicht mal die eigenen Leute ins gelobte Land lassen wollten) war doch lange vorher. Klar, früher hat man sich auf Gott berufen, die eigenen Unmenschlichkeiten zu rechtfertigen. "Tötet sie alle, der HErr wird die seinigen erkennen.", und 3000 Katharer wurden plattgemacht. Oder der Blutsäufer Tilly!

    Religion ist Privatsache, darüber hinaus ist sie nur Besserwisserei, Lumperei, und Geschäftemacherei. Was heute gerne vergessen wird, das Neue Testament ist ein Kunstprodukt nach Vorgaben Kaiser Konstantins (ein Kaiser, ergo ein Gott), Jahrhunderte nach den sozialrevolutionären Thesen Jesu, die er formulierte als Angriff auf das römische Reich, zusammengestellt; die vier zum geschäftlichen Nutzen taugenden Evangelien handverlesen von der arrivierten Reaktion. Unbestraft, sogar gefördert konnte Calvin den letzten Rest christlicher Lehre gänzlich auf den Kopf stellen! Und ehrlich gesagt, manche Gleichnisse vom Jesus gehen doch auch in die Richtung: Wer wenig erarbeitet, fällt aus der Gnade, dem wird genommen.

    "Wahrlich, die Wahrheit ist nichts was verkündet wird auf dieser Welt." Auch wenn ich die Polemik Michael Gückels als sehr scharf empfinde und auf diese Weise nicht selbst formulieren möchte, begrüße ich seine vehemente Aufhebung des Mythos durch die Entstellung. Ungezählte Verbrechen wurden in Christi Namen begangen. Jeder wirkliche Mensch sollte ohne religiöse Tröstungen oder Wahrheiten zu leben und zu sterben vermögen, und dennoch ethischen Richtlinien folgen können. So arg viele sinds ja nicht.

    Fanatiker in Christi Namen gibt es genug. Den Moslems ihre sind denen ihre Sache. Mir ist eine Religion lieber, die zulassen mußte, daß Menschen über alles reden. Schließlich haben die europäischen Menschen sich dieses Recht erkämpft, mit Blut und Tränen! Denkt an Giordano Bruno und an all die vielen...und laßt uns endlich die Engelsburg schleifen! Und wenn es nur im Geiste ist.

    Sehlig sind die Friedfertigen. Die halten still, während man sie beklaut.

  • V
    vic

    Seid willkommen neue Mitleser der Kolumne Wahrheit.

    Selbige ist in der taz immer Satire.

    Für die reine Wahrheit ist Bild zuständig.

  • O
    olle

    LOL, TAZ... you made my friday :P Genau so wars damals!

     

    Hätten die nur damals alle so gekifft, dann hätt es weniger Religionskriege und Kreuzzüge und so nicht gegeben...

  • J
    jaweh

    ich bin erstaunt wie viel Flachweltglauber es noch gibt. Bitte um einen nur einen Gottesbeweis.

    Jede Religion schadet der Gesellschaft

  • E
    elmar

    also echt, ej! an der wand so abhängen . . . den ganzen tag durch die gegend stieren . nur nach vorne . . . ganz doll ins leere . . . .m .. m .. meinste echt, dass kriegste ohne dröhnung gebacken, echt . . . rj . . .

  • HK
    Hans K.

    Achja, es ist ja ökumenischer Kirchentag, darum geifern und rotieren die christophoben Autoren bei der taz so stark.

     

    Hmmm ich erinnere mich gehört zu haben dass Religionskritik Rassismus ist, oder ist das nur so bei einer bestimmten Religion? Hmmm...

     

     

    ANMERKUNG DER REDAKTION: In der Rubrik "Die Wahrheit" erscheinen ausschließlich satirische Artikel.

  • O
    OmmandanteOmOn

    Aum, lieber hier und jens seitiger Jens,

     

    Falls der Vatikan ein Staat ist, bitte ( bete nur an

     

    Himmelfahrt ) ich um eine einreisende

     

    freundliche Übernahme, mittels der Wahrheit. Selbst

     

    die Wahrheit liegt im Auge der Betrachte rin und

     

    verändert sich bei Beobachtung.

     

    Selbst an Himmelfahrt hat der cleanste Cleaner, der

     

    Wahrheiten Nur EINE. Kundige K Kunden sind sich nur

     

    Eines sicher. There is no business like bible

     

    business, oder hast den Papst schon mal was

     

    Materielles ( ohne Gegengeschenk )

     

    verschenken sehen. Sowieso So oder So

     

    nach deinem traumlosen Tiefschlaf haben die

     

    Wahrheiten, ne neu ge stalt tete FÜR Dich.....

     

    Beste Wünsche vom Echtler

     

    O O O

  • H
    Hannes

    Das ist die Wahrheit... Echt!

     

    Der Säckel hatte schon bald einige Selbtsüberschätzung: In Lukas 19/27 sagt er "Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir." Aber er brachte der Welt den FRIEDEN! Klaaaar! So wie Religion der Welt Frieden bringt. Man muss nur auf die Konflikte der Welt schauen, dann erkennt das jeder sofort!

     

    Dass die simplen monotheistischen Welterklärungsmodelle(WEM) nach Abraham (Juden, Christen & Moslems samt Unterströmungen) und seinen Söhnen Isaak und Ismael noch immer akzeptiert werden, macht klar, dass wir eine zweite Aufklärung brauchen, die den Nebel der Religion vom Geist der WEM-Anhänger vertreibt, damit wir Religion irgendwann im Geschichtsunterricht haben.

     

    Man erinnere sich: das alles basiert auf absonderlichen Wüstentexten und ihrer Deutung auf einen Wanderprediger hin...

  • C
    claudia

    Aber jetzt mal die ganze Wahrheit:

     

    >>"Der Busch sprach: Ich bin dein Gott, und mein Wirkstoff heißt JHWH, du sollst keine Drogen haben neben mir - nicht einmal THC!"

  • KW
    Klaus Welk

    Nicht gerade lustig, wenn ihr nächstes Mal Christen bashen wollt dann bitte mit Humor.

    Sogar mein zehnjähriger Sohn hat mehr auf dem Kasten.

  • H
    helmut

    Ungefähr 6 Jahrhunderte später wurde in selbiger Erdengegend noch so ein Bart geschäftlich aktiv, der sich zum Himmel aufschwang, nachdem er mehr als nur eine Maria Magdalena beglückt hatte. Mal sehen, was Herr Gückel und die taz daraus machen werden. Danke im Voraus für das köstliche Vergnügen. Und natürlich Danke für das hier gehabte Vergnügen.

  • MP
    Mantikor Pranjaan

    Das muss so lange verkündet werden, bis kein Schwein mehr an die Märchen glaubt.

     

    Danke, Wahrheit

    ;-)

  • M
    Marianne

    Würden sie sich trauen soetwas über Muhammed den Begründer des Islam zu schreiben?

     

    Oder haben sie Angst vor den horrenden Kosten eines axtsicheren Badezimmers?

  • J
    jutta

    Mit dieser Sichtweise macht das ganze religioese Zeugs ploetzlich Sinn. Sehr gut!

  • J
    Jens

    Betr.: "Die Wahrheit"

     

    Habe selten einen so geschmacklosen, dümmlich verdummenden und lästerlichen Artikel gelesen.

    Der Stil macht jeden darin enthaltenen Ansatz von Wahrheit zunichte. Wenn das die Zukunft des Umgangs untereinander und in der Presse sein soll, dann kann diese Welt endgültig einpacken. Hoffentlich geht mit Ihnen und Ihren "Glaubensinhalten" niemand so niveaulos um.

     

    ANMERKUNG DER REDAKTION: Die Rubrik "Die Wahrheit" enthält ausschließlich satirische Beiträge, keine Presseberichte.

  • V
    vic

    Die Wahrheit musste einfach mal an´s Licht.

    So konnte es ja nicht weitergehen.

  • PD
    Peter D.

    Dieser Artikel ist Sprengstoff und der Vatikan muss endlich die reine Lehre der "Wahrheit" verkünden .

    Ansonsten gibt es meiner Meinung nach keine Zukunft für Benedikt& Co.

  • HW
    Hartmut Winkler

    Betr: "Die Wahrheit"

     

    Was ist denn das los in Eurer "Wahrheit" - Redaktion ? -

     

    Vorgestern der dümmliche Artikel über M.Käsmann, heute schon wieder so eine peinliche Jesus-Kolumne ...

     

    Das ist dermassen unter Eurem Niveau. - Das schämt sich taz-Leser einfach. Wahrheit - Satire kann cool sein, aber das demontiert Ihr gerade dermassen ...

     

    Gruss, Harmtut.

  • W
    Wolfgang

    Herrlich, wenn das der Benedikt liest, fällt er um.

    Endlich mal eine "Wahrheit", längst überfällig.

  • KG
    Kiffer Gott

    Einfach geil jezt weiß ich die ganze warheit XD

  • K
    Karsten

    Schade, etwas dümmlich und unoriginell. Die Wahrheit war schon besser.