die wahrheit: Der homosexuelle Mann
… vermehrt sich immens. Immer mehr Schwule werden sichtbar, in den Nachrichten, auf der Straße, in der Parallelwelt des Internets...
... Beängstigend! "Die Homosexualisierung der Gegenwart erreicht Rekordwerte", befürchtet der reaktionäre Schweizer Feuilletonist Philipp Gut.
Wohin das führt? Das wusste der Deutsche Bundestag bereits 1962: "Wo die gleichgeschlechtliche Unzucht um sich gegriffen und großen Umfang angenommen hat, war die Entartung des Volkes und der Verfall seiner sittlichen Kräfte die Folge." Warum es immer mehr werden? Darüber machen sich die jungen Leute im Internet so ihre Gedanken. "Lupus" meint, dass "offenbar ein Vater in der Erziehung gefehlt hat", deshalb werde ein "früher als tuntenhaft bezeichnetes Benehmen salonfähig." Und "Tschapperl" sekundiert: "Weil es in den Medien angepriesen wird." Da sieht auch "Hannes" die Gefahr: "Es wird heutzutage in der Werbung so getan, als ob es ganz normal wäre."
Aber wie viele gibt es eigentlich von den gefürchteten Schwulen, die sich offenbar vermehren wie die Karnickel? Niemand weiß was Genaues, umso mehr wird drauflosspekuliert, alles ist eine Frage der Perspektive. Geht es darum, der Tourismus- und der Werbewirtschaft die Schwulen schmackhaft zu machen als reich und zahlungskräftig, steigen die dazu gelieferten Zahlen ins Abenteuerliche. 10, 12, 15 - Wer bietet mehr? -, gar 20 Prozent sollen es sein. Und die Dunkelziffer - Dunkelziffer ist immer gut - in den Homohochburgen liege noch deutlich höher. Aber auch seriöse Journalisten kennen kein Halten, von mindestens 5 bis 10 Prozent ist in fast jedem Artikel die Rede, wenn es wichtig wird, ein Gebot abzugeben.
Genauere Untersuchungen darüber gibt es nicht, deshalb berufen sich die 10-Prozent-Lyriker gern auf den amerikanischen Sexualforscher Alfred C. Kinsey. Der habe schon 1948 von 10 Prozent Homosexuellen gesprochen. Das hat er so nie gesagt, aber die Zahl ist griffig und steckt bis heute im kollektiven Gedächtnis fest.
So schwierig es auch ist, einen annähernd realistischen Überblick über die Zahl homosexueller Menschen in diesem Land zu gewinnen, die wenigen Versuche dazu weisen deutlich bescheidenere Ergebnisse auf. Zwei als repräsentativ geltende Erhebungen aus den USA und den Niederlanden kommen in ihren jeweiligen Gesellschaften zu ähnlichen Resultaten: circa 2,8 Prozent der Männer und 1,4 Prozent der Frauen seien homosexuell. Eine Emnid-Studie von 2001 kann diese Zahlen für Deutschland noch unterbieten: 1,3 Prozent der Männer und 0,6 Prozent der Frauen - mehr nicht.
Dass aber vor allem schwule Lobbyisten gern übertreiben, bar jeder Überlegung, geißelt die lesbische Kulturhistorikerin Camille Paglia zu Recht: "Die 10-Prozent-Rate, die von den Medien bereitwillig nachgeplappert wird, war reine Propaganda. Als Wissenschaftlerin verachte ich es, wenn Homosexuellen-Aktivisten so ohne Skrupel die Wahrheit missachten. Homosexuelle wissen genau, dass eben nicht jeder zehnte Mann, dem sie begegnen, schwul ist."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau