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die wahrheitWest-West, Ost-Ost

Der Tag der Deutschen Einheit soll geteilt werden.

Einmal mehr sorgt das Hamburger "Institut für Neuordnung und Hierarchie bundesdeutscher Feiertage und Familienstrukturen", kurz IfNuHbFuF, für überparteiliche Orientierungslosigkeit. Stein des neuerlichen Anstoßes ist der Vorschlag des Hamburger Institutsleiters Dr. Karl Napp, künftig den Tag der Deutschen Einheit auf zwei Tage auszudehnen. "Der Westen feiert wie gewohnt am 3. Oktober, der Osten dagegen erst am 4. Oktober", so Napp in einer ersten schriftlichen Stellungnahme zu seinen Plänen. Zurückzuführen sei seine Idee auf eine Beobachtung, deren unfreiwilliger Zeuge er bei seiner letztjährigen Chinareise wurde.

"Es war schon ein seltsames Bild", beschreibt der umstrittene Wissenschaftler das fernöstliche Szenario, "da standen zwei junge Deutsche mitten in den Bergen vor der Chinesischen Mauer und skandierten in bester teutonischer Revoluzzertradition die alte Wendeparole: ,Die Mauer muss weg!' Man merkte ihnen ganz deutlich die Teilung zwischen Ost- und Westdenken in den Köpfen an.

Der westliche Wille zur Markterweiterung traf hier einmal mehr auf östliche Baukunst, die man eben nicht alle Tage einfach so niederjohlen kann." Und genau diese kapitalistisch-architektonische Unabwägbarkeit gilt es für Napp in seinem Plan des getrennten Feiertages zu symbolisieren: "Die damaligen DDR-Oberen konnten noch so sehr von einem antifaschistischem Schutzwall schwadronieren, aber primäres Ziel war ja nicht, dass keiner rein-, sondern vielmehr, dass keiner rauskam. Und genau diese Gespaltenheit möchte ich den Menschen mit meiner Idee vermitteln", so der Institutsleiter.

Auf ein genaueres Nachfragen, das sei als Plan doch reichlich vage und eventuell nicht von jedermann nachzuvollziehen, gibt sich Napp schroff und retourniert, dass er sich in seinen Ideen schon immer progressiver sah als alle anderen und sich, im Geiste Friedrich Nietzsches, einen Dreck um die Meinung anderer schere. "Der Rest", zitiert er zusammenhanglos, "der Rest ist bloß die Menschheit."

Dr. Karl Napp sorgte im Rahmen der Leitung des Hamburger Instituts auch schon früher durch eigenwillige Ansichten und Interpretation für allerlei Irritationen. So warf er beispielsweise 1998 in der seinerzeitigen Debatte über das umstrittene Elternhöchstalter ein, dass Menschen ab dem 45. Lebensjahr keine Kinder mehr, sondern direkt Enkel bekommen sollen.

Seit dieser unbedachten, wenn auch demografisch interessanten Äußerung verlieh er sich selbst immer wieder gern das Brandmal des "unbequemen Querdenkers", das ihm 2005 vor dem Essener Bundesgericht für Plattitüden eine zweijährige Bewährungsstrafe wegen peinlicher und rhetorisch fragwürdiger Selbstbeweihräucherung einbrachte.

Aus der Politik gibt es noch keine eindeutige Reaktion auf den Feiertagsvorschlag. Lediglich der Rechtsexperte der Linkspartei zeigt sich betont richtungsneutral: "Wir sind da eher geradeaus." Ob allerdings der Tag der Deutschen Einheit bereits dieses Jahr auf zwei verschiedene Tage fällt, wie es Napp fordert, lässt sich trotz des bedrohlich nahenden Termins noch nicht so recht einschätzen und hängt wohl letztlich auch vom Wetter ab.

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