die wahrheit: Schwabinger Krawall
Roboter in Marmelade: Eigentlich hat der Jackie vom Fasching schon lange genug. Ständig, hat er zum Hubsi gesagt, sei man von Nasen umgeben...
... die man nicht erkenne, weil sie als Cowboy oder Volldepp maskiert herumtorkeln, und am Ende müsse man sich, statt in Ruhe ein Bier zu trinken, auch noch selber so einen blöden Fummel anziehen, damit man überhaupt in eine Kneipe hineinkomme. Aber weil die Jacqueline seit Donnerstag, als sie als Maus verkleidet mit einer Schere in der Hand losgezogen ist, nicht mehr aufgetaucht war, hat er sich doch überreden lassen, aus Umzugskisten und Alufolie ein Roboterkostüm gebaut und erst auf der Party gemerkt, dass das eine saudumme Idee war, weil er sich in dem Trubel kaum bewegen hat können und nur in einer Ecke gesessen ist und mit niemandem geredet hat, weil er die Leute in dem Pappendeckelkopf so wenig verstanden hat wie die ihn. Auch trinken hat er nur mit einem Strohhalm können.
Dann ist der Hubsi eingelaufen und hat gesagt, das sei der letzte Deppenstadel und er wolle sofort auf den Kehraus beim Ferrari-Schorsch seiner portugiesischen Schwägerin in spe. Der Taxifahrer hat gesagt, für eine wandelnde Mülltonne sei sein Wagen nicht geeignet, also hat der Hubsi beschlossen, es sei eh nicht weit, außerdem gebe es eine Abkürzung über den Schulhof und die Kleingartensiedlung.
Der Jackie war saufroh, dass er erst drei Caipi gehabt hat, weil es mit dem Roboterkostüm schwer war, über die zwei Mauern zu kommen, dann sind sie auf dem Dach eines Gartenhauses gestanden, und da hat er gesagt, dass er kurz verschnaufen und eine rauchen muss, und im selben Moment ist das Wellpappdach eingebrochen, und der Jackie und der Hubsi sind auf einem Tisch gelandet, der zusammengeklappt ist, wodurch sie in ein Regal voller Marmeladegläser gestürzt sind, und wie der Radau endlich vorbei war, waren sie von oben bis unten verklebt, und der Jackie hat gesagt, dass er auf der Stelle heimwill. Leider war die Hütte von innen versperrt, so dass sie fast eine Stunde lang an der Tür genackelt haben, bis endlich das Schloss herausgebrochen ist, und wie sie auf die Straße hinausrennen wollten, haben sie ein Blaulicht gesehen, sind wieder über die Mauer in den Schulhof und haben sich noch bis zwei Uhr früh versteckt.
Wie der Jackie am Aschermittwoch aufgewacht ist, hat er sich drei Stunden in die Badewanne gelegt, um sich aufzuwärmen und den bappigen Seich aus allen Poren zu waschen. Dass er in der Hütte auch noch seinen Geldbeutel verloren hat, ist ihm erst aufgefallen, wie die Jacqueline heimgekommen ist und ihm aus der Zeitung die Meldung über den "dümmsten Einbrecher des Jahres" vorgelesen hat, der ein Gartenhäusl aufgebrochen, in Marmeladegläsern erfolglos nach Wertsachen gesucht und bei seiner Flucht, offenbar um für den angerichteten Schaden aufzukommen, 200 Euro zurückgelassen habe, neben zwei mit Alufolie beklebten Kisten, deren Zweck die Polizei vor ein Rätsel stelle.
Die hätten doch nicht die geringste Ahnung, hat der Jackie gegrummelt und den restlichen Tag nichts mehr gesagt.
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