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die wahrheitWege zum Glück

Auch in Katastrophenzeiten kann man glücklich werden.

Schwein muss man haben, um selbst in finsteren Zeiten des allgemeinen Ungemachs glücklich zu sein. Bild: reuters

Gerade in diesen katastrophal schweren Zeiten sind solche Nachrichten von unschätzbarem Wert: Der glücklichste Mann der Welt heißt Alvin Wong. Das meldete kürzlich das amerikanische Meinungsdrehinstitut Gallup nach einer drei Jahre dauernden Befragung. Während in Deutschland tausende Bürger kopfschüttelnd über diese Nachricht ihre Frühstücksmilch sauer werden lassen, weil sie insgeheim dachten, ihnen schiene die Sonne aus dem Arsch, gibt es auch positive Reaktionen.

Walther Kleinschmidt von der Initiative G.L.Ü.C.K. (Gute Laune Ückeritz) begrüßt die Ernennung von Mister Wong: "Wissen Sie, das ist ein erfreuliches Zeichen gegen die Diskriminierung gutgelaunter Männer. Jeden Tag kämpfen wir mit hasserfüllten Blicken in der U-Bahn oder Anfeindungen wie ,Na, haste heute wieder nen Clown gefrühstückt?' oder misstrauischen Blicken unserer Ehefrauen, die glauben, wir hätten eine Affäre. Es wird Zeit, dass wir Glücklichen aus unserem Schattendasein heraustreten."

Anders als allgemein angenommen ist die Akzeptanz von glücklichen Männern auf einem Allzeittief. Während rechtskonservative Kreise die Emanzipation dafür verantwortlich machen, wähnen Evolutionsbiologen den Grund in der genetischen Veranlagung des Mannes zur Jagd. Nur mit grimmig-entschlossener Miene ließe sich ein Mammut bezwingen. "Wer zuerst lachte, verlor! Mal ein Bein oder sogar das Leben", erklärt der Evolutionsbiologe Charly Champion den grausamen Überlebenskampf unserer Vorfahren. Deshalb würden männliche Grinsegesichter auch heute nicht akzeptiert, zu tief verwurzelt sei diese Disposition.

Alvin Wong soll nun als neue Galionsfigur für eine Bewegung ewig strahlender Männer herhalten, zumindest wenn es nach Walther Kleinschmidt geht. Allerdings kritisiert er die Vergabekriterien. "Gallup ist der Meinung, der perfekte glückliche Mann müsse genau 1 Meter 78 groß sein. Wir von G.L.Ü.C.K. postulieren seit Jahren, dass wahres Glück nicht mit einer Körpergröße über 1,68 zu erreichen ist!"

Seit der Krönung des "Wong im Glück" (Brigitte) durch Gallup, herrscht in Kleinschmidts Büro auf der verschlafenen Insel Usedom reger Betrieb. "Plötzlich wollen alle wissen, wie es geht. Alle wollen glücklich sein! Am besten von heute auf morgen!" Doch der hagere und erstaunlich kleine Mann ist mit Ratschlägen vorsichtig. Zu oft wären Menschen hinterher "von Glück besoffen", würden taumelnd durch die Straßen ziehen und einem wahren Glücksrausch verfallen. Dabei wären Begrenzungspfähle demontiert und Zaungäste verprügelt worden. Ein Mann habe sich im Glücksrausch sogar die Haare kahl geschoren und versucht, im Ückeritzer Zoo mit einem Flamingo zu kopulieren.

Grundsätzlich gebe es drei einfache Regeln, lässt sich diese Birke von einem Mann doch noch erweichen, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. "Erstens: Glück ist wie Wackelpudding - wenn Sie den Löffel schief halten, dann schwabbelt das Zeugs auf den Teppich. Zweitens: Glück fliest - ist der Firmenname eines sehr untalentierten Fliesenlegers in Ückeritz namens Hermann Glück. Drittens: Glück kommt von Glükose. Ernährung ist zentral für jeden angehenden Glücksritter." Diese drei goldenen Regeln, sagt Kleinschmidt, habe er als kleiner Junge aufgestellt, während einer unfreiwilligen vierwöchigen Atlantiküberquerung in einer Blechtonne. Erst im Nachhinein fand Kleinschmidt heraus, dass er die Reise bei einem Preisausschreiben gewonnen hatte. Die Regeln seien aber heute gültig wie damals.

Um dem Ansturm der Glücksuchenden effektiv zu begegnen - schließlich leitet Kleinschmidt das Büro allein -, greift er neuerdings zu audiovisuellen Schulungen. Jeder angehende Glücksritter bekommt für das Heimstudium die kompletten 789 Folgen der Telenovela "Julia - Wege zum Glück".

"Was Julia kann, kann Mann auch", ist Kleinschmidts knapper Kommentar.

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