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die wahrheitSchwabinger Krawall: Lawinengefahr

Nach fünf Minuten auf dem komischen Sonntagnachmittagsfestl hat der Jackie festgestellt, dass es sich bei den anderen Besuchern außer dem Hubsi...

... um lauter Bergsteiger und Bergsteigerinnen handelt, die über nichts anderes reden haben können als über das Bergsteigen, wobei die Bergsteigerinnen ihn an wütende Orang-Utans erinnert haben und die Bergsteiger an ungemütlich werdende Polizisten. Nachdem er vergeblich versucht hat, mit einer Bergsteigerin ins Gespräch zu kommen, hat er sich noch ein Biobier aufgemacht und eine Zigarette angezündet, woraufhin ihn drei wütende Orang-Utans angebrüllt haben und er auf den Balkon flüchten musste.

Dort hat er den Hubsi getroffen, der gesagt hat, dass ihn die Alpenvereinstante, die er letzte Woche aufgerissen habe, so nerve, dass er am liebsten nicht mehr reingehen täte. Wie der Jackie seine zweite Kippe weggeschnippt hat, ist drunten ein Mann in einem blauen Kittel aufgetaucht und hat gebrüllt, der Hof sei kein Aschenbecher und wenn noch ein einziger Schmutz herunterfliege, steche er ihnen die Reifen auf.

Er schmeiße seine Sachen, wohin er wolle, hat der Jackie geschrien, sich dabei zu stark an den Blumenkasten gelehnt, wodurch dessen Halterung gebrochen und ein Meter Geranien mitsamt seinen vier Vorrats-Biobier in den Hof geplumpst ist. Der Jackie hat sich an den Balkonschrank geklammert, das Ding ins Schwanken gebracht und die volle Gießkanne obendrauf ebenso in den Hof hinunterbefördert wie fünf gestapelte Steinguttöpfe, ein paar Schaufeln und acht Jahrgänge der Zeitschrift Der Bergsteiger.

Da hat er gemeint, dass es besser wäre, zu gehen, aber der Hubsi hat eingewandt, im Treppenhaus warte bestimmt der Hausmeister. Im Schrank hat der Jackie ein Kletterseil gefunden und beschlossen, so kompliziert könne dieses Alpinismuszeugs nicht sein. Der Hubsi hat skeptisch geschaut, wie er das Seil am Balkongeländer festgeknotet hat, aber wie er in der Küche einen Mann mit blauem Kittel gesehen hat, war er dabei.

Leider hat das Seil nur bis zum ersten Stock gereicht, wo der Jackie in vier Meter Höhe hilflos und mit Brandblasen an den Händen herumgebaumelt ist, bis endlich das rostige Geländer abgerissen und er in die offene Mülltonne und in einen Riesenberg fauliges Gemüse gefallen ist.

Die Frau, die gefragt hat, was er für ein komischer Clown sei, hat er gar nicht richtig gesehen, und dass ihn kein Taxifahrer mitnehmen wollte, war auch egal. Es war längst dunkel und die letzte Gurkenschale abgefallen, wie er nach ein paar Zwischenstationen an Kiosken, wo man festgestellt hat, er rieche wie ein Topf faulige Gulaschsuppe, in der Sieben angekommen ist.

Dort ist der Hubsi gesessen und hat ihm die Rosi vorgestellt, die professionelle Geräteturnerin sei und ihn auf ein Gartenfest eingeladen habe, aber wo das Fest dann gewesen wäre, hat der Jackie nicht mitbekommen, weil er einfach weggerannt und die nächsten Tage nicht ans Telefon gegangen ist, bis er keine verfaulten Tomaten mehr gerochen und sich vorsichtig wieder an die Öffentlichkeit getraut hat.

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6 Kommentare

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  • H
    HUlcohol

    Der Hubsi hat sich, während Jackie am Seil hing, unter der Maske "was immer da draußen auch passiert, ich hab nix damit zu tun" übers Treppenhaus abgeseilt, oder wie? Na, wie hat Hank Buke mal gemeint: "Alcohol let things happen." Dei Schreibe, Michael "nicht Toni" Sailer hats aber in sich. Man möcht fast nach München ziehen. Obwohl, da bist ja du schon. Treffen wer uns heut abend in der 7, und ich bring sieben Kunststudentinnen mit.

    Ach, lieber nicht. Ich glaub, gegen Orang-Utangs zu kämpfen läßt nem Mann ne ehrliche Chance.

  • P
    Peripatus

    Jetzt geht es mir wie dem Karl Valentin, der über einen Radfahrer spricht und im nächsten Augenblick fährt einer vorbei.Gestern habe ich auf das Wetter im Kasten rechts verwiesen und was passiert? Heute erscheint dort im Kasten eine Geschichte über Schränke( auf bayrisch Kasten)Wenn das kein Zufall ist?

  • V
    Vereinsheimer

    Danke Herr Sailer!!! Live noch besser!

  • A
    alabasta

    herrlich, so etwas kann nur in einer lebensfeindlichen Umgebung wie München entstehen...mehr davon!

  • P
    peripatus

    Hier schreibt ein begnadeter Stadtindianer mit herrlich verknoteten Gehirnwindungen, der im Kampf mit seinem terroristischem Umfeld versucht irgendwie zu überleben.

     

    Übrigens- auf das Wetter (gleich im Kasten daneben-rechts)mit allen seinen überaschenden Spielarten und Wendungen freue ich mich schon in der Nacht vorher-beim Einschlafen.(Bitte Lob weitergeben!)

  • S
    Senf

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