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die wahrheitGiovanni di Lorenzos erste Joints

Wessen Blick hilfesuchend durch diese stetig lichtloser werdende Welt schweift, dem springen wir großherzig bei. Die erhellendste, erheiterndste, erleichterndste Nachricht...

... dieser Tage erreichte uns via Zürich aus Arlington, Virginia. Die dort ansässige American Psychiatric Association, die maßgebliche Vereinigung der US-amerikanischen Psychiater, erarbeitet derzeit eine Neufassung des Handbuchs für die Statistik und Diagnose psychischer Störungen. Einer brillanten Idee folgend planen die Fachleute, einen Klassiker unter den Krankheitsbildern zu tilgen: die "narzisstische Persönlichkeitsstörung".

Mithin billigen sie die übertriebene Selbstbewunderung, die abwechselnd einhergeht mit deftig unterschwelligem Kleinheitswahn oder brüchigem Selbstwertgefühl, als ein weithin verbreitetes Phänomen. Was schließen wir Laien daraus? Fast jeder von uns, unersättlich nach Wichtigkeit und Bedeutung heischend, ist darauf erpicht, in Windeseile oder nach zähem Ringen Superstar zu werden oder wenigstens Dribbelkünstler, Doktor der Jurisprudenz oder Model, Komiker oder Sternekoch.

Befreit atmen wir dank dieser Meldung auf, die obendrein ergänzt und bestätigt wird von einem aktuellen Artikel in "Spiegel Online" unter dem Titel "Populär dank Twitter und Co.", welcher anhebt: "Liebling von Millionen sein, wer will das nicht?"

Vielleicht widerfährt einem anderen Krankheitsbild das gleiche Schicksal wie dem exzessiven Narzissmus. Mir wäre es recht, wenn die Freigabe auch dem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS) zuteil wird. Einen von vielen Anhaltspunkten, darunter zu leiden, argwöhnte ich bei der Lektüre des Bestsellers "Wofür stehst Du?" von Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo.

Wie es der Zufall wollte, besuchten di Lorenzo und ich dasselbe Gymnasium. Einige Passagen lang schildert er schwergewichtige Szenen an jener Schule, Kontroversen mit Lehrern, Begebenheiten mit Altersgenossen. Ich habe jedoch keine Zeile gefunden, in der di Lorenzo das anspricht, wovon vor Jahren zwei Freunde unabhängig voneinander erzählten. Die Nichtigkeit erwähne ich auf die Gefahr hin, als Petze zu gelten oder als ein mit Haargel verschmierter Enthüllungsboulevardist.

Einer der beiden Freunde merkte beiläufig an, er habe mit anderen, darunter di Lorenzo, während der großen Pause gelegentlich auf Gras gestützte Selbstgedrehte geschmaucht, damals durchaus ein riskantes Unterfangen; der andere meinte, den ersten Joint seinem Mitschüler Giovanni zu verdanken.

Dreierlei sei dazu gefußnotet. Um mit einer Plattitüde zu beginnen: Die Erinnerung spielt uns lose Streiche, alles, was sie verarbeitet, wird Erfindung. Zweitens trägt das in einem überwiegend betulichen, transusigen, Aufmerksamkeit rigoros schmälernden Tonfall geschriebene Buch den Untertitel "Was in unserem Leben wichtig ist. Eine Suche" und ist den eigenen Kindern gewidmet, "in der Hoffnung, dass sie uns glauben werden". Und letztens versichern die Beteiligten, man habe nicht inhaliert.

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