die wahrheit: Besuch eines Grünen Kobolds
Irland ist gerettet. Diesen Eindruck gewann man vorige Woche jedenfalls, wenn man Politikern und Journalisten reden hörte. Nach all den schlechten Nachrichten ...
... über die Finanzmisere habe die Grüne Insel nun wieder Grund, stolz zu sein. Und das wegen des Besuchs einer alten Dame.
Wie heißt sie eigentlich? In Irland nennt man sie meist "Elizabrit". Selbst die irische Tourismusbehörde, die sich nach der royalen Visite einen Massenansturm ihrer Untertanen erhofft, kannte ihren offiziellen Titel nicht und musste Tonnen von Werbematerialien einstampfen: Man hatte sie als "Her Royal Highness" tituliert und somit zur Prinzessin degradiert. Korrekt spricht man sie bei der ersten Begegnung mit "Her Majesty" an und steigt danach auf "Maam" um. Die normalen Dubliner mussten sich das freilich nicht merken, denn für sie gab es keine Begegnung mit Elisabeth II. bei ihrem ersten Besuch in der Republik Irland. 8.500 Polizisten und Soldaten sorgten dafür, dass die Queen unbehelligt blieb. In der Innenstadt wurden 5.000 Kanaldeckel versiegelt, sämtliche Touristenattraktionen, die an ihrem Wegesrand lagen, wurden vorsichtshalber eine Woche lang geschlossen. Die Sicherheitskräfte klingelten vor dem Besuch an allen Haustüren der Innenstadt und fragten die Bewohner, ob sie vorhätten, der Queen etwas anzutun.
Nein, das hatte niemand vor, und die Proteste gegen den Staatsbesuch hielten sich in Grenzen: ein paar schwarze Luftballons und ein paar Kundgebungen außer Sicht- und Hörweite der Königin. Sie fühlte sich so sicher, dass sie zum Entsetzen ihrer Leibwächter am
über die Finanzmisere habe die Grüne Insel nun wieder Grund, stolz zu sein. Und das wegen des Besuchs einer alten Dame.
letzten Tag in Cork auf dem englischen Markt an das Absperrgitter trat und ein paar Hände schüttelte. Elisabeth tat alles, um sich anzubiedern. Sie war ganz in Grün, die irische Nationalfarbe, gekleidet, wodurch sie wie ein Leprechaun, ein irischer Kobold, aussah. Sie hatte ein völlig untypisches permanentes Grinsen im Gesicht, und ihrem Mann Prinz Philip, dem Spezialisten für Fettnäpfchen, hatte sie offenbar den Mund zugenäht, sodass er keinen seiner berüchtigten Sprüche loslassen konnte.
Der irische Premierminister Enda Kenny sagte den Gegnern des Besuchs, sie sollten ihn gefälligst als Investition in die Zukunft sehen. Zukunft? Das englische Königshaus ist mit seinen frauenfeindlichen, antikatholischen und pompösen Regeln und Ritualen fest dem 18. Jahrhundert verhaftet. Auch die Irlandreise war ein Ritual, um den Iren die Anglophobie auszutreiben. Arachnophobie besiegt man ja auch, indem man ein Zimmer voller Spinnen betritt.
Nun ist die Queen weg, aber die Sicherheitsvorkehrungen bleiben: Heute kommt US-Präsident Barack Obama. Neben Dublin besucht er auch Moneygall, den Heimatort seiner Vorfahren, denn im nächsten Jahr wird in den USA gewählt, und er will sich die Stimmen der irischstämmigen Wähler sichern. Dankenswerterweise bleibt er nur für 23 Stunden. Danach erhalten die Iren ihre Hauptstadt zurück, jedenfalls vorübergehend: Es heißt, der Papst plane ebenfalls eine Irlandreise.
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