die wahrheit: Keiner spielt mit ihnen

Den Nordiren laufen die Fußballer davon. In den vergangenen zwei Jahren haben sich acht Spieler, die in die nordirische Nationalmannschaft berufen werden sollten, ...

... dazu entschlossen, lieber für die Republik Irland zu spielen. Nordirlands Fans haben nun die Nase voll und fordern in einer Online-Petition, dass der Verband in Belfast endlich etwas dagegen unternimmt.

Sie haben bedeutende Unterstützer: US-Präsident Barack Obama hat den Aufruf unterschrieben. Dass er bei deinem Kurzbesuch in Irland vorigen Montag dafür Zeit gefunden hat! Kurz vor ihm waren Queen Elizabeth und ihr Mann Prinz Philip auf der Grünen Insel und haben die Petition auch unterschrieben, ebenso wie die irische Präsidentin Mary McAleese, obwohl die ja auch die Seiten gewechselt hat: Sie ist in Nordirland geboren, präsidiert aber in der Republik Irland. Warum will sie Fußballern das verbieten?

Oder stimmt etwas mit der Petition nicht? Es ist recht unwahrscheinlich, dass Muammar al-Gaddafi, Homer Simpson und Osama bin Laden sich für Nordirlands Fußballfans einsetzen. Die Webseite mit der Petition wird offenbar nicht überwacht, so dass man sich mit Fantasienamen eintragen kann. Tausend Unterschriften wollte man sammeln, und oben auf der Seite verkünden sie stolz, dass man mit 1.133 Signaturen das Soll übererfüllt habe. Ob man beim Fußballverband mit einer Petition, die auch von Adolf Hitler und Donald Duck unterzeichnet ist, Eindruck schinden kann?

Um den Verband dafür zu bestrafen, dass er auf seine Fußballspieler nicht besser aufpasst, haben die Fans das Länderspiel um den Carling Nations Cup zwischen Nordirland und der Republik Irland am vorigen Dienstag boykottiert, was aber niemand bemerkt hat. "Wir sind im Geiste bei euch", hieß es auf der Webseite. Viel Geist haben die Fans offenbar nicht, ihr Team ging sang- und klanglos mit 0:5 unter - gegen ein Team, das einige Nordiren in seinen Reihen hatte.

Warum wundern sich die nordirischen Fans darüber eigentlich? Wenn man katholisch und fußballerisch begabt ist, müsste man nicht recht bei Trost sein, um für Nordirland zu spielen. Neil Lennon, der heutige Trainer von Celtic Glasgow, hat das früher gemacht. Die eigenen Fans, fast ausschließlich Protestanten, überhäuften den Mittelfeldspieler mit wüsten Beschimpfungen, und an eine Wand in der Nähe von seinem Elternhaus schmierten sie den Satz: "Neil Lennon R.I.P.", daneben ein Galgen. Lennon gab seine Länderspielkarriere ziemlich schnell wieder auf. Die Heimspiele trägt Nordirland im Windsor Park aus, dem widerlichsten Stadion der Welt. Es liegt mitten im "Village", einem schummrigen protestantischen Ghetto, dessen schmale Gassen mit Wandgemälden bewaffneter Paramilitärs verziert sind.

Vielleicht sollte Nordirlands Trainer bei den nächsten Auswärtsspielen lauter zehnjährige Katholiken aufstellen, denn die ahnen noch nicht, was sie bei Heimspielen erwartet. Und wenn sie erst einmal für Nordirland gespielt haben, dürfen sie später nicht mehr für ein anderes Land antreten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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