piwik no script img

die wahre taz-geschichte Das Hurenkind im Blätterwald

Auf Anweisung des schwedischen Königs Karl Philip I. wurde im Jahr 1142 die taz von seinem ältesten Sohn Emanuel gemeinsam mit der altgedienten Mätresse Tine Hal gezeugt. Seit dem Mittelalter gilt die taz als das Hurenkind im Blätterwald. Gut behütet aufgewachsen in einem Schloss nahe Malmö, lernte sie bereits mit 14 Jahren einen sympathischen Schusterjungen kennen und floh von zu Hause nach Deutschland. Beide versuchten im Brandenburgischen eine Familie zu gründen, aber ihr Handel mit schwedischen Zwiebelfischen erwies sich als wenig lukrativ, sodass die Ehe schnell scheiterte.

Die Lehr- und Wanderjahre der taz liegen im Dunkel der Geschichte. Doch wird sie 1458 in einem Briefwechsel des venezianischen Gesandten am Hof des Sultans von Konstantinopel, Mario Gallo, mit dem französischen Kardinal Henry erwähnt: „... e la taz!“

Im Jahr 1612 entdeckte Johannes Gutenberg die streunende taz auf seiner ersten Italienreise. Gutenberg brachte sie in Kontakt mit Buchstaben und erteilte ihr Unterricht im Schriftwesen. Aus Dankbarkeit wurde sie seine Geliebte. Als die Beziehung 1630 zerbrach, weigerte sich Gutenberg, Alimente für den mittlerweile geborenen Sohn Ewald zu zahlen. Seitdem und bis zum heutigen Tag hat die taz ein gestörtes Verhältnis zum Geschlechtsverkehr. Eine eigentümliche Prüderie sollte sie ein Leben lang begleiten.

Nachdem die taz im Jahr 1789 in die französischen Revolutionsereignisse hineingezogen wurde, gewöhnte sie sich einen leichten Foppton an, der sie glücklich die Wirren der napoleonischen Zeit überstehen ließ. In der 1804 entstandenen und heute nur noch selten gespielten Oper „Ferdinand“ von Ludwig van Beethoven taucht die taz allerdings in einer Passage auf, die in Paris spielt: Dort steht sie unter der Guillotine und feuert den Henker mit den Worten „Voila, allez“ an.

Über die Jahre 1812 bis 1871 weiß man heute nur noch wenig, aber die inzwischen gereifte taz hatte in jener Epoche keinen guten Ruf, nachdem sie mehrmals öffentlich das für jenes viktorianische Zeitalter typische Tittenzeigen im Parlament anprangerte. Erst die psychologische Behandlung durch den Salzburger Freud-Schüler Gerhard Henschel führt zu einer leichten Besserung der durch pränatale Verhaltensstörungen verursachten Symptome einer anhaltenden und auf den Vater zurückgehenden Körperfeindlichkeit, ja Autoaggression gegen die sekundären Geschlechtsmerkmale.

Als uneheliches Kind eines Fürsten hatte die taz stets den Drang zur staatstragenden Vernunft, was sich im Jahr 1914 besonders drastisch auswirkte, als die taz in den allgemeinen Kriegsjubel mit einstimmte.

Die dunklen Jahre von 33 bis 45 verbrachte die taz in der inneren Emigration.

Im Jahr 1953 wurde die taz schwul – und kurz darauf lesbisch. Im selben Jahr wurde das Chefredaktionsprinzip eingeführt, und die taz ging für drei Monate zu den armen Negern nach Afrika. Dort lernte sie Albert Schweitzer, einen jungen Korrespondenten der östereichischen Nachrichtenagentur ÖST, kennen, der sie heiraten wollte. Die taz widerstand allen Lockungen und kehrte nach Berlin zurück.

Das Ende der Missionszeit bedeutete auch den Beginn einer neuen Epoche: 1968. Die taz nahm jetzt zeitweilig Drogen und ließ sich Haare unter den Achseln wachsen, um 73-jährig knapp an einer Heirat mit dem Baghwan vorbeizuschrammen.

Heute ist die taz in Pension und lebt am Starnberger See in einem umgebauten Bauernhaus. Sie liest nur noch wenig, aber empfängt ab und zu Besuch aus dem Blätterwald. Die Chefredakteure sämtlicher Zeitungen und Zeitschriften des Landes verehren sie als Grande Dame des deutschen Gebietsschutzes. mir

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen