die usa wählen – die welt wundert sich: Serbien will den Leidensgenossen in den USA nach den Wahlen zur Seite stehen
Bagger aus Čačak in die Vereinigten Staaten von Amerika
Mit konstruktiver Schadenfreude verfolgen die Bürger Serbiens die nimmer endende Präsidentenwahl in den USA. Es ist kaum ein Trost, wenn in der „Wiege der Demokratie“ die gleichen oder ähnliche Unzulänglichkeiten bei Wahlen festzustellen sind wie im eigenen Lande, aber das hebt das Selbstbewusstsein.
Die Serben wollen nicht nachtragend sein, hatte doch Washington im Namen der Menschenrechte die Bombardierung der Menschen in Jugoslawien angeführt. Jetzt, wo die demokratischen Rechte der Amerikaner bedroht sind, erklären die de facto erfolgreichen Experten in Sache „Kampf für Demokratie“ aus Serbien ihre Bereitschaft, den demokratischen Theoretikern aus den USA zu helfen.
„Unsere Bagger stehen bereit!“, erklärte Velimir Ilić, Bürgermeister der Provinzstadt Čačak. Auf einem Bagger führte Ilić am 5. Oktober eine riesige Autokolonne nach Belgrad an, durchbrach Polizeisperren, kam vor das Bundesparlament und zwang das Regime, die Ergebnisse der jugoslawischen Präsidentenwahl anzuerkennen.
Das erfolgreiche Rezept der „friedlichen Baggerrevolution“ bietet Ilić nun den USA an, er könne es arrangieren, dass russische Transportflugzeuge seine Bagger nach Florida fliegen.
Serbische Zeitungen meldeten, der Leiter der russischen Wahlkommission sei bei den US-Wahlen gewesen, um zu lernen, wie man so etwas richtig macht. Sein Bericht soll gelautet haben: „Noch ist das Endergebnis nicht sicher, sicher aber ist, dass Putin in Führung liegt.“
Die möglichen „kleinen Fehler“ bei der Zählung zu Gunsten von George Bush junior in Florida sowie die Frage, warum auf den Wahlzetteln der Name Al Gores nicht auf dem üblichen Platz rechts neben dem Republikaner Bush junior steht, sondern unten links, entlocken den Menschen in Serbien ein Lächeln. Ja, das und viel Schlimmeres hat man in Serbien schon gesehen.
Aber die Amis haben es leicht, der UN-Sicherheitsrat ist ja in New York. Gott behüte, dass es so weit kommt, dass internationale Friedenstruppen eingeladen werden müssen. Dann könnte die Kontrolle aus New York billiger organisiert werden als auf dem Balkan. Statt KFOR würde man die Truppen AFOR nennen. Selbstverständlich würde die jugoslawische Armee mindestens eine kampferprobte Einheit zur Verfügung stellen.
Ein Moderator des Belgrader Unterhaltungssenders „Pink“, meinte besorgt, dass in Serbien dieser heimtückische Virus, an dem das Wahlrecht krankt, sein Unwesen ein ganzes Jahrzehnt getrieben hätte. Er wünschte den Leidensgenossen in den USA mehr Glück und schnellere Genesung. ANDREJ IVANJI
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