die taz vor elf jahren über die realo-wende der pds:
Bisher galt in der PDS das pluralistische Prinzip, daß jeder machen kann, was er will. Doch der gesellschaftliche Einfluß der PDS hat zugenommen. Es scheint nur noch eine Frage weniger Jahre zu sein, bis der erste PDS-Landesminister vereidigt wird. Daß die Stärken der PDS in der Kommunalpolitik liegen, wo sich die Politiker mit den konkreten Problemen ihrer ostdeutschen Mitbürger beschäftigen hat sich mittlerweile herumgesprochen. Die PDS ist seit langem das Sprachrohr ostdeutscher Interessen und Befindlichkeiten. Die radikalen linken Forderungen des Parteiprogramms wurde von der Mehrheit der Mitgliedschaft und Wählern nie geteilt. Sie wurden mit Rücksicht auf die alten Kader und mit hoffnungsvollem Blick auf Wähler im Westen verabschiedet. Doch viele Ideologen von einst schlagen sich inzwischen mit den irdischen Problemen des Kapitalismus herum, die Wessis machen sich rar. Das PDS-Programm wird mehr und mehr zur Makulatur. Intern werden diese Fragen seit langem diskutiert. Neu ist allerdings, daß sich die Praktiker aus den Kommunen jetzt vehement zu Wort melden. Sie haben offenbar keine Lust mehr, sich ständig vor den Vertretern des orthodoxen Parteiflügels zu rechtfertigen.
Christoph Seils, 11. 5. 1996
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