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die stimme der kritikBetr.: Altkanzler der deutschen Einheit wird 70

KOHL BRAUCHT KEIN HASCH, SONDERN STOFF AUS DER FLASCH

Kohl; nun ja. Äh, äh. Nun ja, nun ja, nun ja. Irgendwo, irgendwie, irgendwann wird sich das auch erledigt haben. Zur Zeit rückt der Altkanzler immer weiter nach unten in der Prioritätenliste der Nachrichtenticker. Nun naht sein Ehrentag: der 70. am 3. 4. Während man an seinem fünfzigsten oder sechzigsten Geburtstag selber Bilanz zu ziehen pflegt, sollten das am 70. die anderen machen mit tausend Rosen, Saumagentorte, zünftiger Musik, ehrenden Schnurrpfeifereien und Überraschungsgästen aus Politik und Gesellschaft. Nicht so bei Kohl. In den Schmutz wurde er gezogen, ja mit dem nackten Finger zeigt man auf den dicken Mann. Schön ist das nicht!

Kohl also. Wieder mal. Warum auch nicht. Horst-Eberhard Richter sieht Kohl zum 70. psychisch gut gewappnet. Auch ohne offizielle Feier werde sich der Jubiliar nicht einsam fühlen. Er wird auch viele Geschenke bekommen. Bundesarbeitsminister Riester (SPD) etwa hat angekündigt – Agenturpriorität 4 –, dem Einheitskanzler zehn Flaschen Pfälzer Wein zu geben. Weil Kohl ihm vor anderthalb Jahren zugerufen habe, er werde „niemals Arbeitsminister“. Später sei Kohl noch präziser geworden: zehn Flaschen wette er darauf. Abgemacht und zugepackt.

Hier jedoch fühlte sich der pfundige Pfälzer nicht an sein Wort gebunden. Die Wettschuld hat Kohl nie eingelöst. Also will Riester den weißen Riesen beschämen (Priorität 4). Mit zehn Flaschen Pfälzer Wein. „Ein äschter Pfälzer braucht kein Hasch/ unser Stoff kommt aus der Flasch.“

Und sonst? Eberhard Diepgen will einen Geburtstagsempfang geben. Schließlich ist Kohl immer noch Ehrenbürger von Berlin. Andererseits ist Adolf Hitler auch immer noch Ehrenbürger diverser anderer Städte.

Nun ja. Kohl selber hat zweierlei verlautbaren lassen: Einerseits hat er dem tristen Berliner Bürgermeister zugesagt; andererseits erklärt, er werde seinen Ehrentag im Kreis seiner Lieben verbringen. Am Montag werden ihm die einen diverse Taschenbuchausgaben des Grundgesetzes schenken. Gewitztere werden Nietzsches „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne“ mitbringen. Und man selber ist doch ein bisschen gelangweilt. Wie gesagt: „Priorität 4.“ DETLEF KUHLBRODT

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