die stimme der kritik: Betr.: Die Big-Brother-Wuchtbrumme
Das ist Leben! Das ist Fernsehen!
Uniformen findet sie sexy, ihr Lachen kam aus ganzem Herzen oder von Bauknecht. Sie gibt sich ausgesprochen blond, tendiert zuweilen aber auch ins Trashige. Wenn jemand „steif“ sagt, kann sie sich nicht mehr halten vor Vergnügen. Einmal beschrieb sie in kindlicher Ausführlichkeit, wie sie Jürgen entleiben und dann hochhalten würde, um ihn schön ausbluten zu lassen, und Jürgen sagte was über „Pollacken-Mädels“, denn so ist der rheinische Humor eben.
Sabrina, 32, die nichtrauchende Big-Brother-„Wuchtbrumme“, die rheinische Dachdeckerin, wo „alles“ vor der Kamera tun wollte, einmal nackt duschte und vor allem durch ein immerwährendes Grunzen auffiel, das auf den Ursprung des Lachens aus dem Geiste des Beißens hindeutete. Sabrina: Die Staatsanwaltschaft war ihr auf den Fersen gewesen, etwa zweihunderttausend Mark Schulden hatte sie gehabt, als sie Mitte April in den Container gezogen war. Wenig später stand ihr angeblicher Freund auf Sat.1 heulend am Zaun des Containers und sagte, Sabrina würde sich sicher umbringen und die Verwandtschaft wohl auch. Vor den Fernsehgeräten waren wir uns sicher, dass sie nicht lange bleiben würde. Doch sie blieb. Sender und Fans übernahmen ihre Schulden. Deshalb ließ sie sich wohl auch vom RTL2-Führungsoffizier überreden, ihre Genossen zu verraten, die sich ein einziges Mal gegen den Sender abgesprochen hatten.
In den letzten Tagen bemühte sie sich, mit krassem TV-Infantilismus bei den Zuschauern zu punkten: Jürgen demolierte Sabrinas Bett; Sabrina zerschnitt eine Bettdecke Jürgens; Jürgen zerschnitt Sabrinas Kissen, woraufhin Sabrina Jürgens Handtuch mit grüner Farbe bestrich, während BB-Gast Fußballprofi Toni Polster auf die Torwand schoss. Die Nudel hat gewonnen, auch wenn sie gestern ausgeschieden sein sollte. Was Hans-Peter Lipka sehr gefreut haben wird. Der 44-jährige Stimmungssänger aus Hatterscheid hatte sich sofort in Sabrina verliebt und deshalb die Beziehung zu seiner Freundin Brigitte aufgegeben, die er in einer Talkshow zum Thema „Kann man treu sein im Karneval“ kennen gelernt hatte (Kölner Stadtanzeiger). Seiner lieben Sabrina schrieb er „kein langes Gedicht, nur drei Worte, ich liebe dich ...“ Das ist Leben! Das ist Fernsehen!
DETLEF KUHLBRODT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen