die stimme der kritik: betr.: Historische Metamorphosen
Die Welt der Jutta Ditfurth
Die Granate schlug im MKW 2 der hessischen Bereitschaftspolizei ein. Die Detonation im Materialkraftwagen war gewaltig. Und ein Blitz aus Feuer schoss hoch in den Nachthimmel. Chaos brach aus im staatlichen Gewaltmonopol. Die Verwundeten schrien nach den Sanitätern. Blutjunge Polizisten und Grenzschützer rannten um ihr Leben.
Auf der anderen Seite der Barrikade kühlte ein vermummter „Putzmann“ das heiß geschossene Rohr seiner Panzerfaust mit dem ersten Schnee. Der Granatwerfer und die Maschinengewehre wurden geschultert, und die Gang von Comandante „Joschka“ zog sich zurück. Doch noch einmal kam in dieser finsteren Nacht (Neumond) im November 1981 im Startbahnwald die Panzerfaust zum Einsatz. Auf dem Weg zurück ins Basislager wurden schnell noch drei der verhassten Fundamentalisten in den zart gefrorenen Waldboden gehauen. Anderen trat der Comandante persönlich wüst in die Weichteile.
Man(n) befinde sich schließlich im heroischen Freiheitskampf, hieß es. Da sei der Einsatz von körperlicher und auch seelischer Gewalt legitim. Harte Zeiten also. Die fundamentalistischen Abweichler waren für die Gang des Comandante nur überflüssige Bremsklötze bei der Durchsetzung der so genannten ökologischen Revolution zum Zwecke der Übernahme der Bundesregierung. Comandante „Joschka“ sollte nach dem Sieg im Volkskrieg Außenminister werden; und Major Tom Kosovobeauftragter. Und der rote Dany? Bürgermeister von La Hague – oder Nato-Generalsekretär. Es ging damals zu „wie im Faschismus“ (Aly).
Mit der Machtergreifung hat es dann doch nicht sofort geklappt. Der Kampf ging weiter. Noch bis Mitte der 80er-Jahre propagierte der Comandante Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Die Gang eliminierte jetzt gezielt nur noch Fundamentalisten. Zum Dank dafür und sofort nach dem – überraschenden – Friedensschluss mit dem staatlichen Gewaltmonopol (1985) durfte der Comandante dann Umweltminister in Hessen werden.
Der Rest ist bekannte europäische Geschichte: „Joschka“ wurde 1998 Bundeskriegsminister. Es ging um die Eroberung der serbischen Olivenfelder. Skrupellos ließ er dort Uranbomben abwerfen. Der Comandante: vom Führer der „Putztruppen“ zum Bombardier der Nation; eine stringente Linie – und eine deutsche Karriere. Und jetzt? Die Welt kaufen und weiterlesen.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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