die stimme der kritik: Betr.: Garstiges Spielzeug und gescheite Männer
Wie man seine Kleinen schon früh für die GSG 9 trainieren kann
Das Herz im Leib tät ihm zerspringen. Allerdings aus Freude. Wenn Umberto Eco doch nur die chinesische Spielzeugfirma „Blue-Box-Toys“ kennen würde! Schließlich ist er der Autor vom wunderbaren „Brief an meinen dreijährigen Sohn“, der genauestens erklärt, warum man kleine Kinder möglichst mit Kriegsspielzeug so zumüllen sollte, dass sie nicht mal mehr „Papa“ schreien können.
So niedliche Spezialpuppen bietet der chinesische Puppenriese nämlich an: In der Reihe „Elite Force“ kann man mit einem Mitglied des SWAT-Teams „Mutter, Vater, totgeschossenes Kind“ spielen. Außer dem lebensechten, klitzekleinen „H & K M-91“ Maschinengewehr hat Blue-Box-Toys seinen blonden Superfighter „Barett“ auch noch zwei aufregende Minenspiele verpasst: „Mund auf“ und „Mund zu“.
Noch berückender ist aber der GSG-9-Kamerad „Konrad“. Mit echten „Adidas Combat Boots“, einem Camouflage-Helm „German Style“ und Remington-Stahl-Patronen. Uiuiuiui. Damit Konrad nicht gegen die Konsorten der verschiedenen Elite Forces kämpfen muss, haben die Spielzeugmacher ihnen einen „Elite Forces Terminate“-Gegenspieler gebaut: „Carlos“ mit Brille und Bärtchen. Wie im richtigen Leben eben. Man kann ja nicht früh genug anfangen, seinen Kindern den Unterschied zwischen Grenzschutzgruppe und Terrorist zu erklären.
Wer beim Spielen Lust auf echte Abenteuer bekommen hat, kann sich ganz schnell auf der GSG-9-Homepage bis zum Eignungstest klicken. Da erfährt man, dass junge Leute mit Allergien leider keine Chancen haben (dann bleibt aber noch der BGS). Sportlich sollte man schon sein für die Truppe: „In einer Eignungsprüfung wird zunächst die körperliche Leistungsfähigkeit durch verschiedene Leichtathletik-Übungen erfasst, darüber hinaus muss der Kandidat zwei Hindernisbahnen absolvieren, wodurch zusätzlich die Merkfähigkeit überprüft wird“. „Also wie viele Hindernisbahnen waren es, Kandidat?“ „Ähhh ...“
„Der Durchschnitt des Intelligenzquotienten eines GSG-9-Beamten“, so heißt es weiter, sollte ungefähr 112 Punkte betragen. Ein kleiner Vergleich: Ein Abiturient hat durchschnittlich einen IQ von 111 Punkten.“
Uiuiuiui! Ein Punkt mehr als ein Abiturient!! Oder, wie die Experten vom GSG 9 es ausdrücken: „Bei der GSG 9 ist der sehr gescheite Mann gefordert, der eine hohe praktische Intelligenz hat.“ Wäre schon praktisch, wenn er wüsste, wo die Kugeln hinsollen, nicht wahr?
JENNI ZYLKA
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