piwik no script img

die nachrichtSchwan/Stegner bewerben sich für den SPD-Vorsitz

Mit Gesine Schwan und Parteivize Ralf Stegner wirft das nächste Duo den Hut in den Ring.Die ersten Reaktionen im Netz auf das neue Bewerberteam sind hämisch

Das Neue

Nun gibt es vier Mitte-links-Tandems, die die SPD aus der Krise führen wollen. Am Mittwoch meldeten Parteivize Ralf Stegner (59) und Gesine Schwan (76) ihre Kandidatur für den Parteivorsitz an. Die gemeinsame Kandidatur kommt überraschend. Lange war über das Duo Schwan/Kevin Kühnert spekuliert worden. Zudem hatte der Spiegel verbreitet, Schwan und Stegner seien der Auffassung, sich für eine gemeinsame Kandidatur politisch zu sehr zu ähneln.

Der Kontext

Bis zum 1. September sucht die SPD eine Nachfolge für die zurückgetretene Parteichefin Andrea Nahles. Mehrere Spitzenpolitiker wie Finanzminister Olaf Scholz hatten deutlich gemacht, dass sie den Vorsitz nicht anstreben. Bisher hatten sich drei Bewerber-Duos angemeldet: die beiden Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer, Europa-Staatsminister Michael Roth und die nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christina Kampmann, sowie die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange und der Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens.

Stegner ist ein moderater Parteilinker. Er ist seit 2008 Chef der SPD-Fraktion in Schleswig Holstein, den Parteivorsitz im Norden gab er kürzlich nach 12 Jahren ab. Stegner steht immer loyal zur Parteilinie, auch wenn er Zweifel daran hat. So war er bei dem Schwenk der SPD Richtung Große Koalition im November 2017 erst skeptisch, verteidigte die Entscheidung, wieder mit Merkel zu regieren, danach aber mit Verve.

Gesine Schwan ist Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, war mit den Parteispitzen der letzten Jahre meist gut vernetzt und ist eine der letzten Parteiintellektuellen. Außer ihrem früheren Job als Koordinatorin der Bundesregierung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit kann sie keine praktische Erfahrung im politischen Alltagsgeschäft vorweisen. Allerdings ist die Politikwissenschaftlerin, die wesentlich an der Gründung der Europa-Universität Viadrina beteiligt war, ein scharfe Analytikerin von Machtpolitik. Der Sprung von der Theorie zur Praxis wäre für Schwan nicht allzu weit: Ihr Denken verknüpft grundlegende Ideen, die oft um das Thema Vertrauen kreisen, mit konkreten tagespolitischen Fragen.

Die Reaktionen

Auf Twitter waren die erste Reaktionen auf die Kandidatur der erwartbare Spott, etwa: „Ihr macht es der @heuteshow zu leicht.“ Stegners Problem ist sein Image – obwohl er ein kluger, witziger und selbstironischer Gesprächspartner ist. Dennoch gilt er vielen als Inkarnation des schlecht gelaunten, besserwisserischen sozialdemokratischen Apparatschiks. Auch in der SPD hält sich seine Popularität in Grenzen. Beim Parteitag im Dezember 2017 wählten nur zwei Drittel der Delegierten ihn wieder zum Parteivize. Schwan immerhin bekannte kürzlich in einem Interview, „keine Feinde in der Partei zu haben“. Das ist fast ein Alleinstellungsmerkmal.

Die Konsequenz

Stegner und Schwan müssen nun einen Landesbezirk, fünf Unterbezirke oder einen Landesvorstand gewinnen, die ihre Kandidatur unterstützen. Dann können sie sich im September auf den 23 Regionalkonferenzen präsentieren. Die vier Teams, die sich bisher für die Kandidatur beworben haben, gelten alle als Mitte-links. Manche wollen die Große Koalition sofort verlassen, andere halten sich bei der Frage aber eher zurück. Ein Team, das die Regierungsbeteiligung der SPD offensiv verteidigt, kandidiert bis jetzt nicht. Daran ändert auch die Kandidatur von Schwan und Stegner nichts. Stefan Reinecke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen