die krise des neuen vw golf : Baut jetzt auch Arbeitsplätze ab
VW muss Milliarden einsparen, weil der Golf sich nicht verkauft. Ist der Wagen nicht mehr mehrheitsfähig? Oder liegt’s an der Werbekampagne?
Am Anfang war die Kampagne. Da stand der neue Golf noch nicht einmal beim Händler. Wo er viel zu oft und viel zu lange stehen bleibt. Am Anfang war „Der neue Golf: Jetzt auch schnell“. Oder aber „Der neue Golf: Fährt in Kurven rein. Und jetzt auch wieder raus.“ Aus seinem Tief in der Zulassungsstatistik allerdings will ihn auch die gratis draufgepackte Klimaanlage nicht herauslenken.
Könnte – These – die erwähnte Werbung schuld sein? Kryptische Botschaften für ein Auto, das auf wenig Verständnis von Seiten potenzieller Kunden stößt. Und immerhin: Der eigentlich zu spät eingeführte VW-Van Touran sorgt mit seinen ironischen Werbeclips, die lustvoll mit dem Klischee der Familienkutsche spielen, für passable Verkaufszahlen. Der Volkswagen-Transporter, beworben mit zwei lichtgeschwindigen Handwerkern, die sogar einen Wasserrohrbruch überholen, ist Marktführer seiner Klasse. Der Golf V hingegen scheint kaum mehr der „Ervolkswagen“ zu sein.
Aber andererseits: Macht die Werbung wirklich den Wagen? Zumindest sehen das jene anders, die die Werbung machen. „Man verkauft kein einziges Auto über einen Fernsehspot“, sagt etwa Hans-Joachim Berndt, der selbst Clips für Nissan, Porsche und auch Volkswagen entwickelt hat. Auch der Claim „99 Prozent aller Rennfahrer fahren privat einen Mercedes“ stammt von ihm. Und die lapidare Feststellung: „Alleine dass wir zusammen über die Golf-Kampagne reden, spricht für ihre Qualität. Über einen Toyota-Spot würden wir uns nicht unterhalten.“
Wohl aber über die Bundesregierung. Die unentschlossenen Signale aus Berlin würden, so Berndt, die Konsum-Skepsis evozieren: „Das Geld ist ja da, es wird nicht ausgegeben.“ Sorgt – nächste These – das politische Klima dafür, dass der Golf nicht mehr läuft und läuft und läuft?
Oder ist der Golf am Ende gar das Opfer einer Gesellschaft, deren automobile Synthese der 30-Jährige lange war? Längst sind andere sparsamer oder geräumiger, variabler oder schlicht günstiger. Längst trägt der Golf schwer am eigenen Anspruch, Premium-Qualität und Premium-Preis in der Golfklasse zu etablieren. Vor allem aber: Längst scheint das so genannte Volk zu diffus, um sich noch auf den einen Volkswagen einigen zu wollen. Und sei es auch nur ein Opel Astra, der verlorene Marktanteile zurückerobern konnte.
Letztlich aber gibt es einen Unterschied zwischen einer Automobilwerbung und einem Automobil: Dem Golf und mithin dem Volkswagenkonzern genügt es nicht, dass über ihn geredet wird. CLEMENS NIEDENTHAL