die kinderfrage: Hört das Ohr Geräusche richtig?
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Leander, 5 Jahre alt.
Wirklich still ist die Welt um uns nie. Der Kühlschrank surrt, die Kaffeemaschine blubbert, draußen rauschen die Autos. Hunde bellen sich an, Menschen unterhalten sich, entfernt bimmelt die Straßenbahn. Selbst wenn wir schlafen, nehmen wir Geräusche wahr. „Aber hört unser Ohr Geräusche auch richtig?“, fragt Leander.
Bis wir ein Geräusch als Geräusch wahrnehmen, haben Ohren und Gehirn viel zu tun. Geräusche erreichen das Ohr nur als Schall. Die Ohrmuschel nimmt die Schallwellen aus der Luft auf, die dann das Trommelfell in Schwingung bringen. Im Innenohr werden die Schwingungen in elektrische Signale umgewandelt und ans Gehirn weitergeleitet.
Das Gehirn formt daraus Klänge und vergleicht sie mit der Bedeutung von Geräuschen, die es schon kennt. Erst dann entscheidet sich, ob wir Geräusche als Sprache, Musik oder Lärm wahrnehmen. „Wir hören nicht mit dem Ohr, sondern mit dem Hirn“, hat der Forscher Rainer Klinke mal gesagt.
Wenn nun also zum Beispiel ein Hund bellt und unser Gehirn erkennt das als Hundebellen, könnte man sagen, wir haben richtig gehört. Und ja, wir haben das Geräusch dann richtig zugeordnet. Ob wir aber das Bellen auch alle genau gleich hören, lässt sich nicht sagen, denn wir sind ja nie im Kopf der anderen. Wir wissen nicht, was der oder die andere hört.
Klar ist, Menschen unterscheiden zwischen angenehmen und unangenehmen Geräuschen. Meeresrauschen, Grillenzirpen, Kinderlachen empfinden viele als schön, denn da denkt man an Urlaub oder an Menschen, die man mag. Zahnarztbohrer, Besteckgekratze auf dem Teller, das Summen der Mücken, also alles, was kreischt, piepst und quietscht, hört sich dagegen scheußlich an. Das ist kein Wunder, schließlich verbinden wir mit Mückensummen unangenehme Stiche. Und doch gibt es große Unterschiede, wie schön oder wie unangenehm wir ein Geräusch wahrnehmen.
Meine Oma sagte oft: „Hörst du das nicht? Das ist ganz schief.“ Sie war Chorsängerin, beim hohen C, das ich sang, sauste vor Schreck ihre Augenbraue hoch. Die eigene Stimme hören wir anders als die anderen, beim Sprechen und Singen vibrieren unsere Schädelknochen mit. Deshalb erkennen wir schiefe Töne bei uns selbst oft nicht so schnell. Auch das ist ein Beispiel dafür, dass man dieselben Geräusche ganz verschieden hören kann.
Martina Mescher
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