die etikettenfrage:
Weil sie wissen, dass wir Verbraucher es lieber ein bisschen kleiner, idyllischer und mit Landluftaroma haben, wird Geflügelfleisch heute mit schillernden Fantasiebezeichnungen angeboten. Da wird von ausgesuchten Landhöfen gesprochen oder von tiergerechter Bodenhaltung. Alles Unsinn. Als würde nicht jedes Hähnchen aus Bodenhaltung stammen. Oder haben Sie schon mal eines in der Luft gesehen? Nur aus welcher Bodenhaltung! Stammt das Tier aus einer artgerechten Haltung mit ausreichend Platz, Luft und Licht? Oder kommt es aus einem zusammengepferchten Dämmerstall?
Der EU kann man vieles vorwerfen, aber hier hat sie bereits vor Jahren Klartext gesprochen und eine Kennzeichnungsverordnung erlassen, die eigentlich irreführenden Bezeichnungen einen Riegel vorschiebt. Wenn ein Landwirt Hähnchen artgerechter halten will, dann darf er nur die von der EU festgelegten Bezeichnungen aufs Etikett drucken. Grundsätzlich müssen seine Tiere länger gemästet sein (51 bis 81 Tage), und es dürfen nicht mehr als siebzehn Tiere pro Quadratmeter leben. Erfüllt ein Hähnchenleben diese Bedingungen, darf es der Bauer unter der Bezeichnung „extensive Bodenhaltung“ verkaufen. Bietet er seinen Hähnchen zusätzlich einen Auslauf während der Hälfte der Lebenszeit, darf er „Auslaufhaltung“ aufs Etikett drucken. Ist dieser Auslauf eine grüne Wiese, nennt sich das „bäuerliche Auslaufhaltung“. In diesem Falle müssen ebenfalls langsam wachsende Rassen verwendet werden, und die Herde darf nicht mehr als 4.800 Tiere umfassen. Noch freier und schöner haben’s Hähnchen aus „bäuerlicher Freilandhaltung“, denen muss eine unbegrenzte Wiese zum Picken, Scharren und Laufen angeboten werden. afk
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