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die dritte meinungDie Nichte von Marine Le Pen radikalisiert die französische Rechte weiter, sagt Laurent Joffrin

Laurent Joffrin

geboren 1952, ist Chefredakteur der französischen Tageszeitung Libération.

(Übersetzung aus dem Französischen Johanna Roth)

Marion Maréchal, Nichte der Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, hat in Lyon ein Institut des sciences sociales, économiques et politiques (Issep) gegründet. Eine „freie und unabhängige“ Schule, die angeblich „keinem Zweck“ dient.

Unabhängig ist sie jedenfalls von ihrer Tante: Maréchal hat sogar kürzlich erklärt, den Zusatz „Le Pen“, den sie im Wahlkampf noch gerne benutzt hatte, aus ihrem Nachnamen zu entfernen. In Anbetracht des Programms der Schule und der Mitglieder des Lenkungsausschusses zeigt sich nun vor allem eines: Die Enkelin von Jean-Marie Le Pen findet die Linie des Front National unter ihrer Tante noch viel zu weit links.

Im Organigramm des Instituts steht vor allem eine ganze Riege von Reaktionären und Faschisten, die eher zur Liga der dreißiger Jahre gehören. Ein paar Front-National-Leute für den guten Ton. Aber auch katholische Fundamentalisten, extreme Rechte der 70er Jahre, ein Überläufer des ultrarechten Breitbart-Netzwerks, ein Brite aus Nigel Farages Brexit-Unternehmung und so weiter. Kurz: Männer, frei von jeder Bindung an republikanische Prinzipien. Das Ganze finanziert unter anderem der Geschäftsmann Charles Beigbeder, „Business Angel“ der reaktionären Szene, der Nationalismusunterstützern früherer Zeiten wie dem Parfumeur François Coty oder dem Champagnerhersteller und späteren Pétainisten Pierre Taittinger nacheifert.

Pate für das ganze Unternehmen steht Gramscis Idee, zunächst die kulturelle Hegemonie zu erobern, bevor die tatsächliche Macht ergriffen wird. Dabei ist der eigentliche geistige Schirmherr von Maréchals Institut Alain de Benoist, der in den 70er Jahren die Neue Rechte gegründet hatte, die durch intellektuelle Arbeit identitäre Ideen verbreiten sollte.

Marion Maréchal will offenbar die Strömungen bündeln, die sich rechts vom Front National ausbreiten, um anschließend vielleicht auch radikal gesinntere Republikaner für sich zu gewinnen. Es gäbe folglich einen besseren Namen für dieses Institut: „Fascho Business School“.

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