piwik no script img

die dritte meinungWir brauchen im Bundestag einen „Green Caucus“ für den Klimaschutz, findet Claus Leggewie

Claus Leggewie

ist Politologe, Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik und war bis 2017 Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen.

Die verzögerte Regierungsbildung hat die Bedeutung des Parlaments in Erinnerung gerufen. Eine eventuelle Minderheitsregierung müsste für ihre Vorhaben jeweils punktuell Mehrheiten organisieren. Ein Bedeutungsgewinn des Parlaments entstünde aber nicht nur durch wechselnde Mehrheiten, sondern auch durch dauerhafte partei- und fraktionsübergreifende Allianzen, die sachliche Interessen bündeln.

Im US-Kongress nennt man das Caucus, nach dem indianischen Wort für Stammesversammlung; eine solche vereint in Washington beispielsweise schwarze und hispanische Volksvertreter. Während Black und Hispanic Caucus es meistens nicht geschafft haben, über Parteigrenzen hinweg zu reichen, kann man sich das bei anderen Themen sehr wohl vorstellen.

Die Annalen des Bundestages verzeichnen etliche überparteiliche Gesetzesinitiativen, bei denen die übliche, die Stabilität einer Regierung verbürgende Fraktionsdisziplin aufgehoben war, als „Sternstunden“. Man erlebt sie bei Gewissensentscheidungen, die Abgeordnete in Artikel 38 des Grundgesetzes verbürgt haben. Den Abstimmungen gehen intensive Debatten voraus, womit Arbeitsparlamente, die wie gut geölte Abstimmungsmaschinen wirken, ihre deliberative Qualität unter Beweis stellen können, in denen Pro und Contra gründlich erörtert und abgewogen werden.

Eine Versammlung türkischstämmiger Bundestagsabgeordneter in der SPD-Fraktion oder ein russlanddeutscher Caucus der AfD steht nicht an. In Erwägung zu ziehen wäre hingegen eine parteiübergreifende umwelt- und klimapolitische Parlamentariergruppe, die gegen die Streichung der Klimaschutzziele für 2020 Front macht, die die Groko-Sondierer gerade verhängt haben. Druckvoller als der zuständige Parlamentsausschuss könnte ein Green Caucus nicht nur symbolisch Zeichen setzen, sondern auch effektiv Mehrheiten im Deutschen Bundestag organisieren. Dabei würde deutlich, welche Volksvertreter umweltpolitisch über eine Legislaturperiode hinaus zu denken vermögen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen