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die bank ohne service

von RALF SOTSCHECK

Die Beziehung stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Jetzt, nach 25 Jahren, ist sie endgültig zerrüttet. Damals, 1976, eröffnete ich ein Konto bei der Bank of Ireland in Dublin und zahlte 15 Pfund ein, weil ich eine Rechnung per Scheck bezahlen wollte. Der Scheck platzte, der Bankdirektor zitierte mich zu sich und bezichtigte mich des Betrugs. Zum Glück hatte ich noch den Einzahlbeleg, und der Geldsackverwalter musste klein beigeben.

Danach arrangierten wir uns: Ich versprach, nie einen Überziehungskredit zu beantragen, und der Bankdirektor garantierte, dass er ihn nicht ablehnen würde. So verbrachten wir viele stressfreie, wenn auch nicht glückliche Jahre miteinander. Doch im Frühjahr nahm die Bank plötzlich keine Schecks mehr an, selbst wenn sie von einer anderen Zweigstelle der Bank of Ireland ausgestellt waren – von meinen deutschen Euroschecks ganz zu schweigen. „Rationalisierungsmaßnahmen“, hieß es. Wie sollte ich nun an das kleine Honorar der kleinen deutschen Zeitung kommen, das auf ein Berliner Konto einging? „Am Geldautomaten“, riet der Zweigstellenchef. Dort, am „Loch in der Wand“, wie man es in Irland nennt, bekommt man aber nur homöopathische Mengen, und wenn größere Rechnungen anstehen, muss man eine Woche lang jeden Tag zum Automaten pilgern.

Auch daran gewöhnt man sich. Als die Bank aber verkündete, dass fortan auch keine Rechnungen mehr am Schalter bezahlt werden können, fragte ich mich, wozu ich überhaupt noch ein Konto benötigte. „Sie können das Geld ja mit der deutschen Karte vom Automaten holen, auf ihr irisches Konto einzahlen und dann von zu Hause aus telefonisch überweisen“, riet der Bank-ohne-Service-Direktor. „Sie müssen sich nur fünf Passwörter merken, von denen wir drei abfragen.“ Genausogut könnte ich von Dublin über Timbuktu nach Berlin fliegen, weil die Fluggesellschaft es so will.

Dabei geht es auch anders: Ein Bauer im Westen Irlands hatte sein Leben lang ein Konto bei der Konkurrenz von der Allied Irish Bank. Als er vor kurzem heiratete, erteilte er der neuen Gattin Kontovollmacht. Nach ihrem ersten Besuch bei der Bank kam die Frau entgeistert zurück: „Du hättest mir doch sagen können, dass du reich bist“, sagte sie, „oder hattest du Angst, dass ich dich nur deines Geldes wegen heiraten würde?“ Sie hielt ihm den Kontoauszug hin: neun Millionen Pfund. Er schwor, er habe noch nie ein Guthaben von mehr als 30 Pfund gehabt.

Er schickte seine Frau zur Bank zurück, um den Irrtum aufzuklären. Das Guthaben war inzwischen auf 18 Millionen Pfund angewachsen. Sie hielt ihn für einen Drogenhändler. Zwei Tage später ging der Bauer selbst zur Bank, um sich über den Geldsegen zu beschweren. Sein Konto stand jetzt bei 28 Millionen Pfund. Der Bauer war verzweifelt, weil ihm seine Frau nicht mehr über den Weg traute. Nach sechs Wochen wurde das Geld kommentarlos von seinem Konto abgebucht. Das müsste mir passieren. Ich hätte genügend kriminelle Energie, um mich an der Bank of Ireland nachhaltig zu rächen.

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