piwik no script img

die anderen

Die Süddeutsche Zeitung kommentiert Helmut Kohls Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss: Das Bewusstsein, Unrecht zu tun, hat ein Täter nur dann, wenn er sich des Widerspruchs seines Handelns zum Wohl der Allgemeinheit bewusst ist. Dieses Bewusstsein fehlt dem Exkanzler komplett. Gemeinwohl ist für ihn nur ein anderes Wort für Helmut Kohl. All das, was in den vergangenen Monaten aufgedeckt worden ist, all die Kritik, die sich damit verbindet – er hält das für eine Verschwörung wider seine Person.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meint zum selben Thema: Insgesamt rühren die Vorwürfe der Sozialdemokraten wieder an die Grundsatzfrage, ob ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ein Gericht oder ein politisches Instrument sei. Die CDU meint, politische Abstimmung sei ihr ebenso erlaubt wie der SPD, deren Vertreter auch Rücksprache mit dem – ebenfalls als Zeuge geladenen – Fraktionsvorsitzenden Struck hielten. Nach dem Eklat konnte sich der Ausschuss nur in eine Denkpause flüchten.

Das Handelsblatt bemerkt zu Kohls Auftritt: Was will die CDU denn nun: „brutalstmögliche Aufklärung“ in der Spendenaffäre oder lieber doch trickreiche Vertuschung? Wenn sich die wichtigsten Unionsmitglieder des Ausschusses bislang vor jeder wichtigen Zeugenvernehmung im Büro von Helmut Kohl getroffen haben, um dort ihre Strategie mit dem Altkanzler abzustimmen, setzt sich die CDU einem schweren Verdacht aus. Diese geheimen Absprachen mit der Schlüsselfigur des Skandals riechen geradezu nach Beeinflussung, ja nach Manipulation. Es wäre interessant zu erfahren, ob CDU-Chefin Merkel oder Fraktionschef Merz von diesen vertraulichen Absprachen zwischen Kohl und den CDU-Mitgliedern im Ausschuss wussten.

Die Berliner Zeitung meint zu diesem Thema: Andreas Schmidt, eine der führenden Marionetten in Kohls Theater, im Übrigen CDU-Obmann im Ausschuss, fragt erstaunt, wer ihm das Recht bestreiten wolle, sich mit Helmut Kohl zu treffen. Wenn das nicht Chuzpe ist, dann ist es Dummheit. Nur zur Erinnerung: Schmidt und die übrigen CDU-Abgeordneten sitzen nicht als Zuträger Kohls und nicht als seine IM im Ausschuss, sondern als Vertreter des gesamten Volkes. IM Schmidt und seine Kollegen scheinen zu glauben, vom Volke würden sie nur bezahlt, aber von Kohl seien sie beauftragt. Damit zeigen sie, dass sich die CDU noch immer an jenem Ort befindet, den zu verlassen sie sich und den Wählern vor ein paar Monaten noch versprochen hatte – im Schattenreich Kohls.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen