piwik no script img

die anderen

Die Welt beschäftigt sich mit Hans Eichels geplanter Steuerreform: Die Union gibt sich siegessicher. Ihre Ablehnungsfront im Bundesrat gegen die rot-grüne Steuerreform steht, verkünden die Strategen der Opposition. Tatsächlich gibt es jedoch Zweifel an der Standfestigkeit einiger Bundesländer. Denn die Bundesregierung versucht fieberhaft, mit finanziellen Zusicherungen potenzielle Wackelkandidaten umzustimmen. Gelingt es Eichel doch, sein Reformwerk am Freitag durchzubringen, stünde bis September eine Neuinszenierung des Dramas „Führungskrise in der Union“ auf dem Spielplan. Denn Oppositionsführer Friedrich Merz würde schwer beschädigt, vielleicht sogar unhaltbar, wenn die Union ihre Mannschaft in der Landeskammer nicht unter Kontrolle hätte. Dem Kanzler hingegen wäre die Rolle des erfolgreichen Reformators sicher.

Die Frankfurter Allgemeine beschäftigt sich mit dem fehlgeschlagenen Raketentest: Das NMD-Programm stellt neben dem militärischen vor allem einen innenpolitischen Schutzschild auf: Clinton wie auch der demokratische Kandidat Gore müssen vor der Präsidentenwahl im November beweisen, dass sie militärisch keine „Weichlinge“ sind, denn der republikanische Herausforderer Bush hat das Thema Raketenabwehr und die angeblich davon abhängige amerikanische Sicherheit zum Gegenstand seines Wahlkampfes gemacht. So gesehen mag der Fehlschlag eine technische Blamage sein, doch das Ende des Projektes ist er – noch – nicht. Dieses dürfte erst dann kommen, wenn der neue Mann im Weißen Haus öffentlich eingesteht, was bekannt ist: Das System kann – neben dem Problem der Treffunsicherheit – nicht einmal zwischen einem billigen Täuschkörper und echten Atomraketen unterscheiden. Wer würde dafür nach der Wahl noch sechzig Milliarden Dollar ausgeben wollen?

Das Handelsblatt kommentiert die Grundsatzrede des russischen Präsidenten Putin im Kreml: Nicht nur in der Analyse besticht Putins erster „Rechenschaftsbericht“. Auch seine Grundthese ist absolut richtig: Ein starker Staat soll sich um seine Kernkompetenzen endlich kümmern, sich aus Bereichen verabschieden, die ihn nichts angehen, und für Freiheit und Demokratie bürgen. Nach den richtigen Erkenntnissen kommt jetzt das Schwerste – die Umsetzung: Steuerreform, Reform des Staatsaufbaus, die Schaffung klarer Wirtschaftsgesetze, die für alle gleiche Bedingungen schaffen und Schattenwirtschaft, Korruption und die entstandene Bürokratenwillkür beenden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen