die anderen:
Der Berliner Tagesspiegel kommentiert die mangelnde Bereitschaft der Unternehmen sich am Fonds zur Entschädigung der Zwangsarbeiter zu beteiligen: Individuell kann das, in diesem oder jenem Fall, plausibel sein – aufs Ganze gesehen ist es dies nicht. Schlicht, weil die Anwendung des “Verursacherprinzips“ – also dass die Firmen entsprechend ihrer konkreten Verantwortung zahlen – Jahre komplizierten politisch-juristischen Streit bedeuten würde. Doch die Zeit ist knapp, sehr knapp. Darum müssten auch jene, die sich zu Unrecht angesprochen fühlen, zahlen. Sie müssen einsehen, dass fünfundfünfzig Jahre danach die Zwangsarbeiterentschädigung nicht „gerecht“ zu Stande kommen kann. Doch die Zahlungsmoral ist nach wie vor schlecht. Und das ist auch weniger verwunderlich, als die Empörungsfraktion der deutschen Öffentlichkeit meint. Denn die Unternehmen, die nicht zahlen, tun nichts anderes als das, was fünfzig Jahre lang in Deutschland Common Sense war. Die deutsche Rechtsposition war von den frühen 50ern bis in die 90er Jahre hinein klar: Zwangsarbeit war kein „NS-spezifisches Unrecht“ – und deshalb gab es auch keinen Anspruch auf Entschädigung. Dagegen hilft, nach wie vor, nur Drohung mit wirtschaftlichen Einbußen. Einfach: Druck.
Über den blutigen Terroranschlag der baskischen Separatistenorganisation ETA in Madrid schreibt die italienische Zeitung Corriere della Sera: Die entfesselte ETA trifft Madrid ins Herz. Die Separatistenorganisation wollte mit dem Mordanschlag beweisen, dass sie auch auf jene zielen kann, die von einer bewaffneten Eskorte beschützt werden. Und dass sie fähig ist, in der Hauptverkehrszeit in der Hauptstadt zuzuschlagen, in einer belebten Straße in einem Wohnviertel. Mit einem Attentat wie diesem, das wesentlich mehr Menschen in den Tod hätte reißen können, will die ETA Panik unter der Bevölkerung verbreiten, um den Druck auf die Regierung für Verhandlungen über die Selbstbestimmung des Baskenlandes zu erhöhen.
Die Basler Zeitung meint zum gleichen Thema: Nicht einmal in intellektuellen Zirkeln wird noch darüber gestritten, ob denn die ETA eine Terrorgruppe sei oder (auch) eine Separatistenorganisation. Anschlag für Anschlag verliert die Idee baskischer Eigenständigkeit an Rückhalt. Denjenigen, die dem mit umfassenden Autonomierechten ausgestatteten Baskenland zu noch weitreichender Unabhängigkeit verhelfen wollen, erweist die ETA einen Bärendienst. Der Terror ist Selbstzweck geworden.
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