die anderen:
Die französische Tageszeitung Libération weist auf das Dilemma der USA im Kampf gegen den Terrorismus hin: Die USA erben zur selben Zeit zwei Konflikte, die seit dem Zweiten Weltkrieg am stärksten blockiert sind, der Nahe Osten und Kaschmir. Jeder der beiden großen muslimischen „Verbündeten“ der USA besitzt ein Interesse an jedem der beiden Widersacher der Vereinigten Staaten, die Saudis an Palästina und Pakistan an Kaschmir. Auf der anderen Seite haben zwei Länder auch die Mittel, sich bei der US-Regierung Gehör zu verschaffen: Israel, der bevorzugte Verbündete, und Indien, das große Gegengewicht zur wachsenden Macht Chinas. Der Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Pakistan und in Indien war von vorhersehbaren Demonstrationen begleitet. Grausames Dilemma: Was macht man, wenn die Feinde meiner Freunde auch meine Freunde sind?
Die britische Zeitung The Guardian schreibt zur sich zuspitzenden politischen Situation Afghanistans: Der Krieg in Afghanistan tritt nun in eine auf vier Wochen begrenzte Phase ein, die unter anderem vom Wintereinbruch diktiert werden wird. Wenn die Alliierten bis dahin den entscheidenden Durchbruch nicht geschafft haben sollten, werden sie unter unkontrollierbaren Bedingungen mit einem Zermürbungskrieg konfrontiert werden. Ein interner Konflikt in Afghanistan und der mögliche Zerfall der Unterstützung für die Militäraktionen – besonders im Nahen Osten – wären die Folge. Diese beunruhigende Aussicht kann nur durch die Bildung einer lebensfähigen Alternativ-Regierung zu den Taliban abgewehrt werden – und zwar unter Aufsicht der Vereinten Nationen.
Zur möglichen Beteiligung von Taliban-Politikern an einer künftigen afghanischen Regierung meint die Mailänder Zeitung Corriere della Sera: Die gemäßigten Talibanführer werden an einer Übergangskoalition in Afghanistan teilnehmen können: Zu unser aller Überraschung haben der amerikanische Außenminister Powell und der pakistanische Staatschef nach dreistündigem Gespräch eine Übereinkunft in diesem Sinne erzielt. Die Ankündigung markiert im Kampf gegen den Terrorismus den Beginn einer entscheidenden politischen Wende. Es stellt einen Erfolg für Pakistan dar, das zu den Unterstützern des Taliban-Regimes in Kabul gehörte, dessen es sich als Puffer im Konflikt mit Indien bediente. Und es ist ein Erfolg für die Amerikaner, die demonstrieren wollen, dass sie für alle islamischen Strömungen offen sind, mit Ausnahme der terroristischen Strömungen.
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