die anderen:
Wie immer ist die Mehrzahl der deutschen Medien gegen einen Streik in der Metallindustrie. Das Westfalen-Blatt aus Bielefeld kommentiert: IG-Metall-Chef Klaus Zwickel heizt den Gewerkschaftern zum „Tag der Arbeit“ ein: Dieser Mai wird heiß. Heiß ist vor allem der Plan, wegen einer zusätzlichen Lohnerhöhung von maximal 0,7 Prozentpunkten einen Arbeitskampf vom Zaun zu brechen. Damit treibt Zwickel vermutlich nur noch mehr Unternehmer aus dem Arbeitgeber-Verband, unterhöhlt so das Tarifvertragssystem.
Die Westdeutsche Zeitung aus Düsseldorf meint: Nach sieben Jahren Enthaltsamkeit ist in der Metall- und Elektroindustrie wieder Streik angesagt. Damit geht die Welt nicht unter. Arbeitskämpfe sind ausdrücklich vorgesehen. Manche fragen sich aber: Was soll das. Und warum gerade jetzt? Auf das gerade wieder zögerlich erblühende Konjunktur-Pflänzchen wirken Streiks wie Nachtfröste im Mai. Es welkt dahin und zieht den Kopf ein. Nach dem Streik 1995 gingen 200.000 Arbeitsplätze verloren. Das könnte wieder so kommen.
Die Kölnische Rundschau mutmaßt: Der harte Kurs der IG Metall bringt Schröders Strategien durcheinander. Bei einem Chemie-Abschluss von 3,3 Prozent, einem Angebot der Metall-Arbeitgeber von zusammengefasst 3,8 Prozent zeichnet sich jetzt schon ab, dass es letztlich nur um die Vier vor dem Komma geht. Wofür also das Ganze? Die Vermutung liegt nahe, dass es um Akzeptanzprobleme der Gewerkschaften geht, denen die Mitglieder davonlaufen. Ob sie so zu überzeugen sind, ist eine andere Frage.
Der Trierische Volksfreund weiß: Wenn im Tarifbezirk Südwest alle 250.000 organisierten Arbeitnehmer fünf Tage in den Ausstand treten, schlägt das mit einem Umsatzverlust von 1,2 Milliarden Euro zu Buche. Für kleine und mittlere Betriebe werden Streiks zur Existenzfrage. Überspannt man hier den Bogen, wird sich dies für die Gewerkschaften negativ auswirken. In Brandenburg beispielsweise erhalten gerade noch 60 Prozent der Metaller Tariflohn – nach diesem Arbeitskampf werden es weniger werden.
Die Mitteldeutsche Zeitung aus Halle aber schreibt: Viele fragen: Passt der Streik in unsere Zeit? Doch es wäre ungerecht, der IG Metall Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen. Jahre der aus Verantwortung für mehr Arbeitsplätze geübten Lohnzurückhaltung haben nichts gebracht. Die Metaller haben den Verzicht satt. Die Funktionäre bangen um ihre Gefolgschaft. Die Gewerkschaft musste ein Zeichen setzen. Das darf in einem Land, in dem Tarifautonomie ein hohes Gut ist, nicht verurteilt werden – so lange das Augenmaß gewahrt bleibt.
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