die anderen:
Die Zeitung The Independent schreibt zum angekündigten Referendum in Gibraltar und dessen Ablehnung durch das britische Außenministerium: Das Referendum in Gibraltar sollte ohne Verbitterung in London stattfinden. Die britische Regierung hat seit langem versprochen, dass keine Vereinbarung ohne Billigung durch die Gibraltarer in Kraft treten wird. Das vorhersehbare Nein-Votum wird nichts ändern und Gibraltar sogar ein Ventil für seinen Zorn geben. Aber auch Spanien sollte beweisen, dass es so europäisch gesinnt ist wie Großbritannien, das eine Teilung der Souveränität vorgeschlagen hat. Alle Schikanen und Behinderungen sollten aufhören. Die Gibraltarer werden sich selbst nur dann als europäisch und nicht als aggressiv britisch sehen, wenn Spanien sie als Europäer behandelt.
Zum gleichen Thema meint The Sunday Telegraph: Dass der Premierminister und das Außenministerium die nationale Stimmungslage so fundamental falsch eingeschätzt haben, spricht Bände, denn es gibt bei New Labour einen Schwachpunkt: eine Politik, die als Antikolonialismus daherkommt, aber tatsächlich in ihrer Denkweise brutal kolonialistisch ist. Am besten lässt sich das als „nicht britisch genug“ bezeichnen: eine Kategorie, in die Gruppen von Menschen fallen, die historisch eine britische Identität haben, aber ein diplomatisches Problem sind. New Labour behandelt solche Menschen als aufsässige Kinder, deren kleine klebrige Finger von den Hebeln der Macht fern gehalten werden müssen.
Der Daily Telegraph kommentiert schließlich: Wenn das angekündigte Referendum stattfindet und die erwartete, fast einstimmige Bestätigung des Wunsches bringt, ganz und gar britisch zu bleiben, dann steht Tony Blair zu Recht als ein Feind der Demokratie da. Als Premierminister hat er versucht, seine Zurückhaltung in Sachen Eurobeitritt dadurch zu kompensieren, dass er auf andere Weise das britische Profil in der EU stärkt. 1998 hat er mit Frankreich die europäische Schnelle Eingreiftruppe aus der Taufe gehoben. Im vergangenen Jahr begann er Geheimverhandlungen über eine Teilung der Souveränität über Gibraltar in der Hoffnung, eine anglo-spanische Achse bilden zu können, um der deutsch-französischen Dominanz der EU etwas entgegenzusetzen. Praktische Erwägungen (wie etwa die Unfähigkeit der europäischen Regierungen, genug Geld auszugeben, um die Eingreiftruppe wirksam werden zu lassen) oder örtliche Gefühle (wie Gibraltars entschiedenes Eintreten für den Status quo) dürfen solchen Plänen nicht entgegenstehen.
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