die anderen:
Der Pariser Figaro beschäftigt sich mit der Krise in Lateinamerika: Die Hälfte der Bevölkerung Südamerikas gilt heute als arm. Europa ist zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um substanzielle Hilfe zu bieten. Der IWF bestreitet weiterhin, dass die Krise in Lateinamerika ähnlich abläuft wie 1998 in Asien. Auch die USA hatten seit dem 11. September andere Prioritäten. Nun ist Finanzminister Paul O’Neill doch in die Region gefahren, in der es nur noch eine Hoffnung gibt – dass Washington eine Rettungsaktion startet.
Libération meint: Die Verantwortlichen in den USA hatten Unrecht, als sie nicht glauben wollten, dass die argentinische Finanzkrise auch die Nachbarländer erfassen könnte. US-Finanzminister O’Neill muss nun vor allem beweisen, dass er die Lage besser einzuschätzen weiß als zuvor. Ob die Katastrophe allerdings noch abzuwenden ist, bleibt fraglich, denn aus der finanziellen Krise ist längst auch eine politische und soziale geworden. Diese Krise könnte das Ende der wirtschaftlichen Liberalisierung in der Region bedeuten.
Nesawissimaja Gaseta aus Moskau kommentiert den Prozess gegen die „Skinheads Sächsische Schweiz“: Besonders beunruhigend ist der Umstand, dass sich nicht etwa ungebildete, verbitterte Versager bei den Neonazis einreihen. Viele der jungen Leute stammen aus der Mittelschicht. So war ein SSS-Mitglied Sozialarbeiter, ein zweiter war Bankangestellter. Der Dresdener Prozess ist auf mehrere Monate angelegt. Er hat nicht nur lokale Bedeutung für Sachsen: Rechtsextreme Ausschreitungen gibt es in allen Bundesländern.
De Volkskrant aus Den Haag schreibt zu den Reformen in der Türkei: Jahrhundertealtes Misstrauen überwindet man nicht an einem Wochenende. Wenn die Türken erwartet haben sollten, dass die Europäische Union schon über die Ankündigung von politischen Reformen laut jubeln würde, sind sie schwer enttäuscht worden. Die Reaktion Europas kann man bestenfalls euphemistisch als abwartend beschreiben. Offiziel ist die EU-Mitgliedschaft der Türkei eine seriöse Option. Offiziös sagen Diplomaten und Politiker aber, dass es noch Jahrzehnte dauert, ehe die Türkei Mitglied werden kann. Denn politisch, kulturell und ökonomisch ist der Abstand zwischen dem vorwiegend islamischen Land und der christlichen Europäischen Union einfach zu groß. Falls die Türkei jemals Mitglied werden wird, werden nicht zu übersehende Integrationsprobleme entstehen. Deshalb meint man in der EU zu Recht, dass die am Samstag bekannt gewordenen Reformen nur der erste minimale Schritt auf einem langen, langen Weg sind.
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