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der zehnte tag

Bevor heute Abend schon wieder alles zu Ende geht und die goldenen und silbernen Haupt-Bärchen ihre Besitzer wechseln, hat das goldene Ehren-Bärchen diesen Schritt zwei Tage früher getan. Am Donnerstagabend nahm der amerikanische Regisseur Arthur Penn die Auszeichnung für sein Lebenswerk entgegen. Auf die Laudatio von Jury-Präsident Paul Schrader, der Penn als „Erneuerer Hollywoods und des amerikanischen Films“ pries, wischte sich der 84-Jährige mit einem Stofftaschentuch über die Stirn und sagte verschmitzt: „Ich lebe in New York, ich habe in Texas gedreht und in Montana. Ich bin kein Hollywood-Regisseur.“ Berühmt wurde Arthur Penn in den 60ern und 70ern mit Filmen wie „Bonnie und Clyde“, „Little Big Man“ und „Alice’s Restaurant“. In Berlin wurde Penn mit Ovationen gefeiert. Er bedankte sich herzlich und sichtlich gerührt, konnte sich aber einen weiteren süffisanten Kommentar nicht verkneifen: Die Auszeichnung käme gerade noch rechtzeitig, sagte er. Wenn man noch länger gewartet hätte, hätte er im Sarg auf die Bühne gemusst.Auch Jennifer Lopez ist gerade just in time mit dem Menschenrechtspreis von amnesty international ausgezeichnet worden – einen Tag vor der Premiere von „Bordertown“ nämlich. Nach der Pressevorführung des amerikanischen Wettbewerbsbeitrags, in dem sie die Hauptrolle spielt, hätte sie wahrscheinlich keine Lust mehr auf Bühne gehabt: Der Film, in dem Lopez eine Journalistin spielt, die im nordmexikanischen Juárez die tatsächlich seit Jahren zu Hunderten vorkommenden Frauenmorde recherchiert, wurde nämlich lauthals ausgebuht, und zwar nachdem die Journalisten sich beim Anschauen schon schlappgelacht hatten, vorzugsweise an Stellen, die gar nicht lustig gemeint waren.Senora Lopez wird wohl eher keinen Bären bekommen. Aber wer weiß: Die siebenköpfige Jury entscheidet heute in einer geheimen Sitzung über die Preisträger – die absolute Mehrheit zählt. Festivaldirektor und Impresario Dieter Kosslick ist bei den Beratungen der Jury übrigens auch anwesend, darf sich an der Abstimmung aber nicht beteiligen.

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