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Archiv-Artikel

der wochenendkrimi Gelebte Langeweile

Tatort: Der Tote vom Straßenrand, So., 20.15 Uhr, ARD

Avantgarde-Lyrik: ein komisches Wort in einem „Tatort“, besonders in dem biederen aus Saarbrücken. Doch es soll nun mal so sein, dass der verdächtige reiche schwule Erbe sich genau dieser Literaturgattung verschrieben hat. Der so pfundige wie pfiffige Kommissar Kappl (Maximilian Brückner) lässt sich zur Verwunderung seines genauso pfundigen, aber ein kleines bisschen weniger pfiffigen Subalternen (Gregor Weber) ein Bändchen mit Gedichten schenken und signieren. Nicht deshalb, weil er auf Avantgarde-Lyrik steht. Aber so hat er eben gleich Schriftprobe und Fingerabdrücke.

Solche Coups gedrosselter kriminalistischer Intelligenz werden in dieser zweiten Episode mit dem neuen Ermittler aneinandergereiht, ohne dass ersichtlich ist, wohin das Ganze führen soll. Kappl, der Bayer an der Saar, der bei Frust und Lärmbelästigung gerne in die Tuba bläst, wird als eine Art Fremdkörper in Szene gesetzt. Das macht Sinn.

Aber auch der Rest der Figuren und Handlungselemente wirken wie Fremdkörper in einer Geschichte, über dessen Verlauf sich die Macher (Regie: Rolf Schübel, Buch: Fred und Léonie-Claire Breinersdorfer) offensichtlich zu keinem Zeitpunkt so ganz im Klaren waren

Ein Mann ist an einer Kohlenmonoxydvergiftung gestorben, jemand muss seinen Wagen geschickt präpariert haben. Zur Lösung des Falles hangeln sich die Ermittler an drei Handlungssträngen entlang: Zum einen wird im Labor unentwegt mit Kohlenmonoxyd experimentiert, was auf die Dauer sehr langweilig ist.

Zum anderen muss der Kommissar immer wieder die Wohnung des Toten aufsuchen, die in einer Sozialbausiedlung liegt, weshalb er gänzlich unmotiviert aufkreuzende jugendliche Gangster mit geschickten Griffen auf den Boden drücken darf.

Und dann ist da noch die hübsche Pathologin (Lale Yavaz), der sich der neue Kommissar galant zu nähern versucht, die aber von einem Stalker verfolgt wird.

Fragen Sie nicht, wie das eine mit dem anderen zusammenhängt. So unverbindlich wurde schon lange kein Plot im „Tatort“ mehr zusammengeschraubt. Der Saarländische Rundfunk ist ja sehr stolz darauf, das jüngste Ermittlerteam am Start zu haben. Blöde nur, dass es wie aus dem Ersatzteillager des Wochenendkrimis zusammengebastelt wirkt. So jung und schon so rostig.

CHRISTIAN BUSS