der redenschreiber: „Es war eine Schulsituation“
Wie haben Sie das TV-Duell erlebt?
Es war furchtbar langweilig. Man hat gemerkt, dass beide sehr aufgeregt waren. Verstärkt wurde das noch durch die Art der Befragung. Die beiden Kontrahenten wurden in ein Korsett gezwängt, das unangemessen war. Es war eine Schulsituation. Vor allem war es lächerlich, dass die harmlosen und unbedarften Journalisten dreimal sagten: „Jetzt haben Sie Ihr Zeitkonto überschritten.“
Was würden Sie beim Duell in den Öffentlich-Rechtlichen ändern?
Dieses Korsett muss unbedingt gelockert werden, die beiden konnten sich nicht richtig entfalten. Aber es war ja im Vorfeld schon ein Affentanz, bis man sich auf diese Regeln geeinigt hatte – es wird beim nächsten Mal vermutlich ganz genauso. Es wäre vor allem schade für das Publikum, wer will sich so was noch einmal anderthalb Stunden ansehen?
Wer war der rhetorische Sieger?
Der Bundeskanzler hat etwas besser abgeschnitten. Er hat mehr Souveränität gezeigt, Stoiber war zu aggressiv und prallte an der Gelassenheit des Kanzlers ab. Beide haben aber Wortbeiträge von großer Befangenheit abgehaspelt. Rhetorisch waren das wahrlich keine Glanzleistungen. Beide Redner waren sehr technokratisch und schmissen mit ungeheuer vielen Zahlen um sich.
Hat sich Stoiber rhetorisch verbessert?
Er hat gewiss eine bessere Performance abgegeben, als man es sonst von ihm gewohnt war. JUBÜ
Fotohinweis: Thilo von Trotha, 62, war bis 1980 Ghostwriter von Bundeskanzler Helmut Schmidt und ist Gründer des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache
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