daumenkino : „Die Promoterin“
Die romantische Komödie war ihr Metier. Da durfte die ewig niedliche Meg Ryan das Sweetheart-Image in allen erdenklichen Ton- und Lebenslagen ausspielen. Eine Doris Day der 90er-Jahre, der man in „ Harry und Sally“ zumindest den akustischen Orgasmus zubilligte. Jetzt ist sie über 40, hat neu gemachte Schlauchboot-Lippen, und der Image-Wechsel ist angesagt. In „Die Promoterin“ verwandelt sich der All American Darling in eine White-Trash-Schlampe aus dem Bilderbuch. Für Charles S. Duttons Bio-Pic schlüpft Ryan in die Haut von Jackie Kallen, Amerikas erfolgreichster Boxpromoterin. Das Heimchen vom Herd wird in den Ring geschickt, in eine von fluchenden Proleten und tätowierten Fleischklöpsen dominierte Welt – auf den ersten Blick eine hübsche Versuchsanordnung.
Gleich zu Beginn lässt uns eine Rückblende wissen, dass schon Kallens Vater im Boxgeschäft tätig war, sie also neben dem Punchingball aufwuchs, als Mädchen jedoch nie mitreden durfte. Jetzt, mit Mitte dreißig, ist sie Assistentin eines großmäuligen Promoters, der ihr Wissen mit höhnischem Gelächter abtut. Aus Scherz offeriert er ihr die lang ersehnte Chance, selbst einen Boxer zu betreuen. In dem bulligen Drogendealer Luther Shaw entdeckt Kallen denn auch gleich ein schlagkräftiges Naturtalent, und schon läutet der Gong die erste Runde ein.
Doch leider bleibt der Underdog-Charme der Geschichte oberflächlicher Natur: Er erschöpft sich darin, dass Ryan unentwegt das Schlampen-Outfit wechselt. Natürlich fühlt man sich an Julia Roberts’ Erin Brokovich erinnert, doch da gingen Minirock und knappes T-Shirt – quasi als Rüstung gegen das Establishment – eine wunderbare Symbiose mit der kämpferischen Figur ein. „Die Promoterin“ hingegen entwickelt sich zu einer unfreiwilligen Modenschau in Sachen Polyester-Style. Mit jedem Schnitt werden die Klamotten gewagter und ordinärer: Das knallrote Kunstlederjäckchen wechselt sich mit einem waghalsigen rückenfreien Fummel ab, zu ultrahochhackigen Schuhen wird ein Leopardenmantel getragen. Stets wirkt Meg Ryan wie verkleidet; fast möchte man ihr ein fröhliches „Kölle Alaaf!“ zurufen. Irgendwann wird es selbst dem Film zu bunt, sodass er Ryans’ Rampensau-Gehabe zum Thema macht. Denn sie stiehlt ihrem Boxer immer wieder die Schau. Beleidigt sucht der sich einen neuen Promoter, während sie auf ihr altes Image zurückgeworfen wird. Im großen versöhnlerischen Finale liegen sie sich alle wieder in den Armen. Im dezenten Casual-Outfit ist Meg Ryan ganz die Alte, eben eine, mit der sich Pferde stehlen lassen. ANKE LEWEKE