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datenschutz"Der Zeitpunkt ist günstig"

Heute tritt die neu gewählte Landesbeauftragte für den Datenschutz Imke Sommer ihr Amt an. Sie will ihn "aus der Meckerecke" herausholen

Wird heute offiziell ins Amt eingeführt: Imke Sommer Bild: Jan Zier
Interview von Jan Zier

taz: Frau Sommer, bei Ihrer Wahl hieß es, der Datenschutz wird jetzt weiblich. Gibt es da eine feministische Perspektive?

Im Interview: 

Die 43-jährige Juristin und neue Landesdatenschutzbeauftragte ist SPD-Mitglied. Seit 2007 war sie Referentin für Datenschutz und Informationstechnologie im Finanzressort. Sommer hat 1998 ein Buch über feministische Rechtstheorie veröffentlicht ("Zivile Rechte für Antigone") und war an der Entwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes beteiligt. MNZ

Imke Sommer: Bisher noch nicht.

Fehlt sie?

Das wird sich zeigen. Datenschutz ist erst einmal gesetzlich festgelegt - die Kontrolle dessen, was die Verwaltung macht, aber auch Kontrolle der Wirtschaft. Dort hat man den Datenschutz zuletzt mitunter stark vergessen

Zum Beispiel bei Mercedes in Bremen, wo illegal Krankenakten gespeichert wurden.

Es wäre gut, wenn die Menschen von sich aus das Gefühl hätten, dass sie gar nicht sagen müssen, warum sie krank sind. Wenn sie also dieses ihnen zustehende Recht in Anspruch nehmen würden. Auf der ärztlichen Krankschreibung ist das ja auch gerade nicht offengelegt.

Daimler steht in einer Reihe mit Lidl, Telekom und vielen anderen Unternehmen. Für den Datenschutz sieht es derzeit nicht so gut aus.

Nein, ganz im Gegenteil. Ich glaube, im Moment ist der Zeitpunkt günstig, den Datenschutz aus der Meckerecke herauszuholen. Wer bestimmte Sachen nicht sagen will, hat deswegen noch lange nichts zu verbergen. Vor dem Hintergrund der letzten Skandale wird da vieles anders bewertet. Man muss jetzt das vorhandene Datenschutz-Selbstbewusstsein stärken, neues wecken. Beispielsweise ist oft noch nicht so richtig angekommen, dass es ein neues Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gibt.

Fehlt es am Willen, dies auch anzuerkennen?

Das ist im Einzelnen unklar. Der Frontalangriff auf die Wirtschaft ist nicht immer richtig, das geschieht nicht unbedingt vorsätzlich. Aber es gibt ein Klima, in dem die Rechte der Beschäftigten keine so große Rolle spielen.

Und diese sich nicht trauen, sie einzufordern.

Ja. Die Aufgabe ist, den Leuten klar zu machen, was sie dürfen und was nicht. Denjenigen, die Daten von sich preisgeben und denjenigen, die tatsächlichen Zugriff auf solche Daten haben. Wir brauchen dazu nicht unbedingt schärfere Gesetze. Vieles von dem, was mit Arbeitnehmerdaten passiert ist, ist auch jetzt schon verboten. Die Praxis muss sich einfach ändern.

Fehlt es an der Kontrolle?

Man muss die Spielräume, die das Gesetz beispielsweise bei Bußgeldern bietet, auch einfach mal ausnutzen.

Ihr Vorgänger Sven Holst hat auch der Polizei immer wieder Datensammelwut vorgehalten. Wie kann man dem begegnen?

Seit dem 11. September 2001 ist es schwerer geworden, sich bestimmten Sammelwüten entgegenzusetzen. Rasterfahndung ist jetzt gesellschaftlich akzeptierter. Andererseits muss im öffentlichen Bereich die Einsicht in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vorausgesetzt werden. Auch wenn man bisweilen daran erinnern muss. Die Verwaltung hat da auch eine Vorbildfunktion. Aber wenn sie sich nicht an das Gesetz hält, dann muss das abgestellt werden.

Den Bürgern fehlt aber oft das Vertrauen, dass das auch wirklich passiert.

Das muss unbedingt wieder hergestellt werden.

Aber läuft das Datenschutzrecht der technischen Entwicklung denn nicht immer hinterher?

Für die grundsätzliche Schutzbedürftigkeit ist es egal, ob es um Papier geht, um Videos oder um Daten aus dem Internet.

Aber oft weiß man ja gar nicht, wo überall Daten über einen gesammelt werden.

Die Gefahren, auch die Datenmengen sind natürlich viel größer. Und das Gefühl, überall beobachtet zu werden, ist ein zutreffendes. Aber dahinter steht eine gesellschaftliche Entwicklung, auf die wir reagieren müssen. Und es ist ja auch menschlich, wenn etwa Personalabteilungen die Bewerber und BewerberInnen erst einmal googlen, um sie einzusortieren. Wir müssen dahin kommen, das man sagt: Schön, wenn da nichts gefunden wird.

Im Moment ist es aber eher umgekehrt.

Wir offenbaren oftmals Daten, die wir nicht offenbaren sollten. Wer nicht so viele Datenspuren hinterlässt, dem passiert auch nicht so viel. Gerade Jugendliche haben da keinen Argwohn. Den muss man wecken. Zugleich können sie sich gegenseitig sehr viel beibringen. Da liegt viel im Argen, weil Erwachsene meinen, Jugendlichen was beibringen zu müssen, obwohl die ihnen technisch überlegen sind. Gerade jene, die jetzt in der sechsten, siebten Klasse sind, sind durch das, was anderen passiert ist, oft schon total sensibilisiert. Wir sollten den Nachwachsenden viel zutrauen.

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