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das wird„Er ist nie schwarz-weiß“

Zu Cartier-Bressons Geburtstag lädt das Bucerius Kunst Forum in seine Ausstellung ein

Interview Karima Küster

taz: Frau Baumstark, was ist ­besonders an Henri Cartier-Bressons Fotografie?

Kathrin Baumstark: Dass seine Fotografien uns heute noch unter die Haut gehen, liegt zum einen an ihrem Aufbau. Sie wirken wie ein Schnappschuss, aber sind so präzise komponiert, dass sie oft genau im Goldenen Schnitt liegen und unserem Schönheitsideal entsprechen. Gleichzeitig erfasst er den entscheidenden Augenblick, der viele Geheimnisse birgt. Deshalb regen uns die Bilder zum Nachdenken an. Außerdem macht ihn seine tief humanistische Haltung besonders. Der entscheidende Bezugspunkt ist bei ihm immer der Mensch. Die Liebe zu den Menschen findet sich in allen Bildern wieder.

taz: Wie zeigt sich das in seinen Fotografien?

Kathrin Baumstark

Jahrgang 1983, Kunsthistorikerin, ist Direktorin des Bucerius Kunst Forums Hamburg.

Baumstark: In seinen politischen Reportagen erkennt man sehr viel. Er ist nie schwarz-weiß, auch wenn seine Fotografie es ist. Er lässt viele Grautöne zu. Es gibt beispielsweise eine Serie aus Dessau, in der man sieht, wie eine Frau eine andere als ihre Denunziantin erkennt und sie angreift. Es ist eine Art Täter-Opfer-Umkehr und wir stehen davor und fragen uns: Was passiert da gerade? Was ist der Schmerz auf der einen Seite, was der Schmerz auf der anderen? Diese Themen behandelt er häufig. Wir haben auch eine Serie seiner Fotografien aus den USA, die bisher relativ unbekannt war. Wir haben sie „Black and White America“ genannt. Cartier-Bresson war damals in den Südstaaten und hat die Rassentrennung fotografiert. Die hat ihn zutiefst schockiert, was auch in seinen Fotografien sichtbar wird.

taz: Die Ausstellung verspricht einen speziellen Blick aufs Werk. Worin besteht der?

Baumstark: Für uns ist es das Wichtigste, ihn als Fotografen mit Haltung zu zeigen. Das wurde lange vergessen. Er war immer nur der Magnum-Gründer, der große Fotograf, aber er ist unglaublich lustig. Er schafft Momente des Menschlichen. In unserer Ausstellung zeigen wir seine Werke in einer verwinkelten Architektur, um seine Straßenfotografie nachzuempfinden. Man kann sich durch die Ausstellung treiben lassen und entdecken, wie er gearbeitet hat. Dabei wollen wir natürlich auch seine Entwicklung zeigen – von den Anfängen im Surrealismus über seine Reisen und seine politischen Werke zu den Portraits.

Ausstellung „Watch! Watch! Watch!“, Bucerius Kunst Forum Hamburg, bis 16. 9., gratis am 22. 8. aus Anlass von Henri Cartier-Bressons Geburtstag

taz: Wie bringen Sie die Facetten zusammen?

Baumstark: Alle Facetten dürfen für sich stehen, manchmal kann man sie aber auch gar nicht so trennen. Cartier-Bresson hat beispielsweise ein sehr schönes Portrait von Malcom X geschaffen. Das hängt bei dem Kapitel „Black and White America“, blickt aber hinüber zu „Portraits“, weil es eben für beides steht.

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