das wird: „Das Ziel ist doppelte Nachwuchsförderung“
Erstmals wird der Liliencron-Preis verliehen
Interview Esther Geißlinger
taz: Frau van Marwyck, es gibt einen neuen Literaturpreis in Schleswig-Holstein für Nachwuchs-Lyriker:innen und er ist mit 1.000 Euro dotiert. Braucht es Preise, damit junge Menschen Gedichte schreiben?
Mareen van Marwyck: Nicht damit sie schreiben – das machen Menschen, weil sie das Bedürfnis danach haben. Aber um in den Literaturbetrieb hineinzukommen, was gerade bei Lyrik schwierig ist, dafür spielen Preise eine wichtige Rolle.
Durch seinen Namen erinnert der Preis an den Dichter Detlev von Liliencron, geboren 1844 in Kiel, der Schulabbrecher, Soldat, Glücksspieler und chronisch verschuldet war. Inwiefern kann er als Vorbild für junge Lyriker:innen dienen?
Lyrik entsteht leider häufig unter prekären Bedingungen. Auch Charles Baudelaire war chronisch verschuldet. Der Name des Preises geht auf die nach dem Dichter benannte Liliencron-Dozentur zurück: Sie ist die bundesweit einzige auf Lyrik zugeschnittene Dozentur. Es gibt sie seit 1997, und sie hat in der Literatur- und besonders Lyrik-Szene einen guten Namen. Mit dem Preis wollen wir sie erweitern.
Dafür arbeiten die Kieler Uni und das Literaturhaus Schleswig-Holstein zusammen. Wie kam es zu der Kooperation?
Mareen van Marwyck
47, Literaturwissenschaftlerin, ist Dozentin an der Uni Kiel.
Diese Kooperation hat eine lange Tradition, denn die Dozentur selbst ist ein gemeinsames Projekt. Das Ziel ist eine doppelte Nachwuchsförderung: Zum einen wollen wir dem literaturwissenschaftlichen Nachwuchs einen Einblick in den Literaturbetrieb geben und Kompetenzen in Bezug auf die Beurteilung von Texten, Veranstaltungsorganisation und Pressearbeit vermitteln. Auf der anderen Seite steht die Förderung junger Lyriker:innen im Literaturland Schleswig-Holstein.
Dazu passt, dass eine Studierenden-Jury den Preis vergibt. Klappte das beim ersten Versuch?
Genau, es ging darum, die Studierenden mehr in die Arbeit der Dozentur einzubeziehen. Die Entscheidung hat die studentische Jury auf Basis einer kleinen Vorauswahl eigenständig getroffen. Die Beteiligten berichten, es habe viel Spaß gemacht. Die Studierenden bereiten nun die Preisverleihung vor, die im Literaturhaus Kiel im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Liliencron-Dozentur stattfindet. Dabei wird es ein von Studierenden moderiertes Gespräch zwischen der diesjährigen Liliencron-Dozentin Anja Kampmann und der Preisträgerin geben.
Diese erste Preisträgerin ist Franziska Ostermann: Hatte es viele Bewerbungen gegeben?
Preisverleihung, Lesung und Lyrik-Talk, 22. 1., 19 Uhr, im Literaturhaus Schleswig-Holstein, Schwanenweg, Kiel
Nein, der Preis war nicht öffentlich ausgeschrieben. Wir haben eine Vorauswahl getroffen unter Personen, die uns empfohlen wurden und die Kriterien erfüllten: So sollten sie Schleswig-Holstein-Bezug und nicht mehr als zwei Bücher veröffentlicht haben. Insgesamt kamen dabei sechs Namen heraus, aus denen die Studierenden Franziska Ostermann ausgewählt haben. Sie wurde 1992 in Kiel geboren, hat hier an der Muthesius-Kunsthochschule studiert und 2018 den Lyrikband „OSZIT“ veröffentlicht.
Wie geht es weiter mit dem Preis?
Es soll auf jeden Fall weiter einen Nachwuchspreis geben, den Studierende im Rahmen des Seminars verleihen.
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