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das wird„Die NS-Zeit ist die Folie“

Florian Knöpplers Roman „Südfall“ kreist um Begegnungen eines 1944 vor der Hallig dieses Namens geretteten britischen Soldaten

Interview Petra Schellen

taz: Herr Knöppler, wie wurde ein 1944 abgestürzter britischer Soldat zur Hauptfigur Ihres Romans „Südfall“?

Florian Knöppler: Ich hatte durch einen Zufall erfahren, dass es diesen Briten wirklich gegeben hat. Dann habe ich mir überlegt: Dieser britische Soldat findet sich im trocken gefallenen Watt vor der Hallig Südfall wieder, hat überlebt und steht völlig unter Schock. Das fand ich als Bild, als Einstiegssituation fantastisch.

Der Legende zufolge hat ihn damals die „Halliggräfin“ gerettet. Stimmt das?

Es ist belegt, dass sie 1944 oder 1945 einen britischen Soldaten im Watt fand, einige Tage bei sich auf Südfall beherbergte und nicht dem NS-Ortsvorsteher meldete, was vielleicht sogar zu seiner Erschießung als „feindlichem Spion“ geführt hätte.

Wer war die Halliggräfin?

Diana Gräfin von Reventlow-Criminil (1863-–953) entstammte dem holsteinischen Hochadel und wuchs auf dem Gut Emkendorf auf. Mit 47 Jahren kehrte sie dem exklusiven Leben den Rücken und zog sich auf die Hallig Südfall zurück. Im Ersten Weltkrieg rettete sie dort Pferde vom Eingezogenwerden, und auch gegen das NS-Regime nahm sie kein Blatt vor den Mund.

Foto: Privat

Florian Knöppler,

Jahrgang 1966, Redakteur und Autor, lebt auf einem Hof in Schleswig-Holstein.

Wie erging es dem geretteten Soldaten in der Realität?

Das weiß man leider nicht. In meinem Roman macht er sich auf den Weg nach Norden, die Deichlinie hoch in Richtung Dänemark in der Hoffnung, eine Überfahrt nach England zu bekommen. Das eigentliche Thema des Buchs sind aber seine Begegnungen mit Menschen im inneren Konflikt. Es geht darum, ob sich durch die Begegnung eine winzige Kleinigkeit ändert, sodass sich die Leute aus dem jeweiligen Schlamassel befreien können.

Ein Beispiel?

Er trifft den sehr sensiblen 16-jährigen Paul, der in mehrfacher Hinsicht mit sich ringt. Er ist begeisterter Hitler-Junge, fasziniert von der Ideologie der Nazis. Risse bekommt das Ganze, als er sich in eine Klassenkameradin verliebt und seiner Sensibilität mehr Raum gibt. Als er den Engländer entdeckt, mit dem er gemeinsam ein Schaf aus dem Schlick befreit, findet er ihn eigentlich als Menschen toll. Trotzdem verrät er ihn dem NS-Ortsvorsteher. Danach fühlt er sich schuldig. Es ist ein großer Konflikt für ihn. Wie schon in meinen Romanen „Kronsnest“ und „Habichtland“ geht es um diese Ambivalenz. Um das moralisch Unübersichtliche dieser Zeit.

Wie wichtig ist das NS-Thema für „Südfall?

Lesung aus „Südfall“: 19. 1., 19.30 Uhr, Museum Nissenhaus Herzog-Adolf-Straße 25, Husum

Es ist kein Roman über den Nationalsozialismus. Aber natürlich bildet er die Folie für die Handlung. Das Bedrohliche, Harte des NS-Regimes und seiner Ideologie stehen im Hintergrund aller persönlichen Konflikte der Figuren.

Das spiegelt auch die Sprache des Romans. Paul spricht von „Fremdarbeitern“ und „vaterlandsschädigendem Verhalten“. Wollten Sie vorm Einsickern rechter Begriffe warnen?

Ja, auch. Und wenn ich heute Björn Höcke (AfD) von „Entartung“ und „Parasiten“ reden höre, ist das erschreckend aktuell. Im Roman wollte ich vor allem zeigen, welche Begriffe wie verwendet wurden. Ich wollte eine authentische Sprache verwenden. Das Buch ist ja aus Sicht der jeweiligen Personen geschrieben, es gibt keinen allwissenden Erzähler, der ihr Verhalten kommentiert. Und wenn Hitlerjunge Paul im Jahr 1944 spricht, sagt er eben „Fremdarbeiter“ und nicht „Zwangsarbeiter“.

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